Einfache spirituelle Übungen, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2019

Zu:

Anselm Grün: Rituale der Stille, 33 Impulskarten, Vier-Türme-Verlag, Abtei Münsterschwarzach 2019, 34 farbige Karten im Schmuck-Karton mit Magnetverschluss, ISBN 978-3-7365-0163-8, Preis: 18,00 Euro

Link: https://www.vier-tuerme-verlag.de/autoren/g/gruen-anselm/2518/rituale-der-stille

 

Wenn ich den Titel dieses Kartensets bei einem Buchhändler im Internet oder im Second-Hand-Buchversand eingebe, so finde ich etliche Varianten dieses Sets unter gleichem Titel von Anselm Grün. Das hier besprochene ist die aktuelle, völlig neu bearbeitete Neuauflage.

Pater Anselm Grün, geboren 1945, ist bei weitem das populärste Mitglied der Abtei Münsterschwarzach. Die Anzahl der von ihm verfassten Bücher wird mit ca. 400 angegeben. Früher war er im Hauptberuf der Cellerar der Abtei, das meint der wirtschaftliche Leiter des Hauses.

Anselm Grün ist populär, weil er keinen Elfenbeinturm der Religion predigt, sondern eine Religion des Lebens, die mit der säkularen Existenz vereinbar ist.

Das Kartenset ist für mich ein Buch über Spiritualität. 33 Karten bieten 33 inhaltliche Impulse, die in keiner Gliederung zu lesen sind. Jede Karte steht für sich und kann doch mit jeder anderen kombiniert werden. Es ist am einfachsten, den Zufall entscheiden zu lassen und sich für jeden Tag eine neue Karte zu ziehen und nach den dort genannten Worten zu verfahren.

Manche Karten sind mehr auf den Inhalt bezogen wie die Vorstellung eines Raumes im Inneren, die Ruhe eines Sonntags, ein Ort völliger Stille, das Hören Gottes im Gebet.

Explizite religiöse Gewohnheiten wie Gebet, Kirche, Bibel oder das Anzünden einer Kerze stehen daneben und dominieren den Eindruck der Karten nicht. Dadurch erweckt Anselm Grün für mich den Eindruck, dass die kirchliche Religion und die Spiritualität des Alltags zusammengehören.

Das machen auch die kleineren Übungsvorschläge deutlich:  der Klang einer Klangschale, die man ausklingen lässt, führt in die Stille. Es hilft dazu auch, ein Mandala auszumalen. Genauso gut ist es auf den Friedhof zu gehen oder in der Natur einen ruhigen Ort aufzusuchen.

Dies wird ergänzt durch einfache Übungen der Meditation: Folge deinem Atem, beginne dabei Kraft zu spüren, setze Pausen im Alltag, beispielsweise bevor du eine Tür öffnest. Folge deinen Gedanken ohne sie festzuhalten. Lerne zuzuhören und zu schweigen.

Manche Impulse beziehen sich auf die innere Haltung, wie eine Reise zu sich selbst, der innere Raum, die Gegenwart Gottes in mir selbst, Zustimmung zum Leben allgemein, Loslassen gewohnter Einstellungen.

Zwei Karten geben Gelegenheit, etwas zu notieren, eigene Gedanken oder Grüße für andere.

Es gibt kaum eine bessere Darstellung mystischen Denkens auch gerade in seiner Einladung zur Subjektivität ohne Egoismus. Die Religion, das Wort Gottes oder das Gebet sind nicht als exklusive Haltung zu deuten, sondern als ergänzendes Lebensangebot für jeden Lebensalltag. Es gibt keine Frage der Anknüpfung mehr, weil das ganze Leben zur Religion geworden ist, und die Religion zum Leben.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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