Jesu Predigt vom Reich Gottes gilt heute, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2021

Zu:

Claus Petersen: 21 Entdeckungen, Was Jesus wirklich lehrte, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2020, gebunden, 224 Seiten, ISBN 978-3-579-06616-5, Preis: 20,00 Euro (print)

Claus Petersen (geb. 1952) hat trotz (oder wegen?) seiner freikirchlichen Prägung schon zur Schulzeit sein Interesse für die Theologie entdeckt und war daher auch an einem altsprachlichen Gymnasium. Er studierte in Erlangen und Heidelberg und war eine Zeitlang Assistent für Altes Testament.

Als evangelischer Pfarrer verfolgte er einen eindeutigen, streitbaren Kurs. Er hat sich in seiner Predigt und Gotteslehre allein nach der Botschaft Jesu gerichtet, der Gegenwart des Reiches Gottes. Er war Mitgründer der ökumenischen Initiative „Heaven on Earth“ und veröffentlichte in Publik Forum 2007 den Aufruf „Wie Jesus an das Reich Gottes glauben.“

Während die persönliche Ebene des Themas im ersten Kapitel entfaltet wird, wird das Thema des Buches im zweiten Kapitel exegetisch näher erläutert.

21 Spruchtexte Jesu

Die 21 Spruchtexte Jesu, die im weiteren Verlauf des Buches einzeln erläutert werden, sind eine Auswahl aus der Überlieferung der Evangelien, die der Autor aus exegetischen Gründen dem historischen Jesus zuschreiben möchte. (Diese Methode hält man allerdings in der Theologie für problematisch, da es kaum Kriterien gibt, die eine solche Rückfrage nach der originalen Jesusüberlieferung rechtfertigen kann. d. Rez.)

Dass Claus Petersen vor allem die Reich Gottes Verkündigung für authentisch hält, dürfte in der Theologie Unterstützung finden. Was die Stärke des Buches ist, sich auf die „wahre“ Lehre Jesu zurückzugehen ist allerdings auch befremdlich. Der selektierende Umgang mit den biblischen Texten am Beispiel des Vater Unsers und der Seligpreisungen im Detail ist nicht leicht einzusehen.

Reich Gottes gegenwärtig

Die besondere Ausprägung, von der Petersen ausgeht, ist die Aussage, dass das Reich Gottes gegenwärtig ist. Es geht Jesus darum, „im Reich Gottes zu existieren, und zwar im hier und jetzt…“ (S. 44).

Die Mitte seiner Botschaft ist das „Genug“. Es ist eine Botschaft, die sich gegen den Reichtum richtet, gegen das „Zuviel“. Unserem heutigen System des Kapitalismus widerspricht die Politik Jesu.

Der Hauptteil des Buchs besteht darin, die vom Autor als authentisch gelesenen Jesustexte zu interpretieren. Allerdings bin ich von diesem Hauptteil enttäuscht. Es handelt sich nämlich bei diesen Texten eher um predigtartigen Meditationen. Die exegetischen Begründungen, die ich erwartet hätte, werden hier einfach vorausgesetzt. Diese hätte man aber nach der durchaus aufregenden Einleitung anders erwartet.

Das Buch ist im Hauptteil wie ein Lied mit 21 Strophen, die alle nach der gleichen Melodie gesungen werden. Schade um den aufregenden Ansatz von der revolutionären Botschaft Jesu, der nun vom Mittelteil her in der Luft hängt.

Glaube, in der Neuzeit angekommen, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2014

Zu: Tobias Schulte: Ohne Gott mit Gott, Glaubenshermeneutik mit Dietrich Bonhoeffer, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2014, ISBN 9783791725697, 413 Seiten, Preis 44,00 Euro

rf Schulte, Ohne Gott mit GottDiese Arbeit von Tobias Schulte wurde im Jahr 2013 als Dissertation der Universität Freiburg im Fach katholische Theologie angenommen. Sie versteht sich als theologische Analyse mit philosophischem Hintergrund und erscheint in einer Reihe des Pustet Verlages, Regensburg, die bezeichnenderweise „ratio fidei“ (Vernunftverständnis des Glaubens) heißt Beiträge zur philosophischen Rechenschaft der Theologie). In dieser Hinsicht sehe ich in dieser Arbeit eine gute Fragestellung für die Erforschung des Werkes von Dietrich Bonhoeffers wie überhaupt der Evangelischen Theologie des 20. Jahrhunderts, inwiefern diese die Philosophie der Neuzeit rezipiert und wie sie sich in den Dialog mit der Philosophie einordnen lässt. Dass hierbei kein Weg an Immanuel Kant vorbeiführt, zeigt der jetzige Priesteramtskandidat Tobias Schulte an einigen Stellen des Buches und setzt damit nicht nur die „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ (I. Kant) auf die Tagesordnung, sondern das transzendentale Denken überhaupt, das in der Religion die Antwort auf den Umgang mit den Grenzen der menschlichen Existenz und des menschlichen Denkens sieht, ja Gott überhaupt als den Namen dieser Grenze bezeichnet. „Glaube, in der Neuzeit angekommen, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2014“ weiterlesen