Wie stehe ich da vor Gott? Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

Zu: Luca Baschera: Hinkehr zu Gott, „Buße“ im evangelisch-reformierten Gottesdienst, Evangelisch-katholische Studien zu Gottesdienst und Predigt, Band 4, Vandenhoeck & Ruprecht, Echter Verlag Göttingen, Würzburg 2017, Softcover, 280 Seiten, ISBN 978-3-429-04319-3 (Echter Verlag), Preis: 39,00 Euro

 

Aus dem Vorwort geht hervor, dass dieses Buch über das Element der Buße im reformierten Gottesdienst als Habilitation an der Universität Zürich entstanden ist. Vielleicht erstaunt manche Leser, dass ausgerechnet im reformierten Gottesdienst, der so wenig festlegte Formen enthält, ein Ort für Beichte und Buße sei soll. Aber wenn man wesentliche Teile des Buches gelesen hat, wird deutlich, dass gerade dieser freiere Gottesdienst auf seine Art ein Ort des Bedenkens der Frage sei soll: Wie stehe ich da vor Gott? Es wird dadurch auch deutlich, dass dieses Bedenken gerade nichts mit liturgischen Formeln zu tun hat, wenn es denn persönlicher und bewusster erlebt werden will. „Wie stehe ich da vor Gott? Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017“ weiterlesen

Ursprünge des christlichen Kultes im Judentum, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Zu: Jürgen Ebach: Das Alte Testament als Klangraum des evangelischen Gottesdienstes, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016, gebunden, 368 Seiten, ISBN: 978-3-579-08242-4, Preis: 29,99 Euro

Schon der Bielefelder Alttestamentler Frank Crüsemann schrieb über die Wirkungsgeschichte des Alten Testaments bis ins Neue Testament hinein. Er bezeichnete dies als „Wahrheitsraum“. Anders im Buch von Jürgen Ebach. Ihm geht es um mehr als um eine biblische Quelle, die zudem noch zeitlich nah am historischen Alten Testament, der Bibel des antiken Judentums lag, sondern es geht ihm um die Fortsetzung des Alten Testaments bis in die heutige Praxis des Gottesdienstes hinein.

Der Begriff Klangraum soll eine Verstehenslinie verdeutlichen: „Der gegenwärtige evangelische Gottesdienst bringt in seinen liturgischen Elementen, seinen Wörtern, Worten, Motiven und Texten […] das Alte Testament zum Klingen und entfaltet sich weithin eben in diesem Klangraum.“ (S. 13). „Ursprünge des christlichen Kultes im Judentum, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016“ weiterlesen

Erleuchte uns mit deinem Licht. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2010

Autor: Manfred Josuttis, Untertitel: Gedanken und Gebete zu den Gottesdiensten des Kirchenjahres.

Gütersloher Verlagshaus 2009, ISBN 978-3-579-05899-3, Preis: 22,95 Euro (mit einer CD-Rom).

Liturgisches Handbuch.

Obwohl dieses liturgische Gebetbuch für jeden Sonntag des Kirchenjahres ein Kollektengebet und ein Fürbittengebet vorschlägt und so ein Buch für die Gottesdienstvorbereitung ist, ist es dennoch zugleich sehr gut für die Predigtarbeit geeignet. Es stellt nämlich genau das passende Material zu der Frage bereit: An welchem inhaltlichen Ort steht die Predigt in der Mitte dieses konkreten Gottesdienstes an diesem konkreten Sonntag? Die Predigt ist ein Teil des Gottesdienstes, und wer den Rückbezug zum Gottesdienst in der Predigt nicht leistet, stellt die Gottesdienstbesucher vor eine unlösbare Aufgabe.

Der thematische Standort jedes einzelnen Sonntags im Kirchenjahr.

Sorgfältig rekonstruiert der emeritierte Professor für praktische Theologie in Göttingen, Manfred Josuttis den roten Faden, der die Lesungen und Predigttext-Vorschläge der Perikopenordnung miteinander verbindet. Die Antwort auf die Frage nach dem roten Faden findet sich sinnvollerweise schon in der jeweiligen Kapitelüberschrift neben dem liturgischen Namen des jeweiligen Sonntags, so zum Beispiel: „Oculi: Nachfolgewege“.

Der Sitz im Leben dieser Sonntags-Botschaft.

Mit der historischen und aktuellen Reflektion des Sitzes im Leben bietet der reflektierende Abschnitt nun einen Anfangspunkt für die Predigt, ohne jedoch eine homiletische Analyse vorwegzunehmen. Das heißt für Oculi beispielsweise: „Nachfolge hieß seit der Reformation für alle Christ/innen: ein Leben im weltlichen Beruf, aber als geheiligte Familie zu führen.“ Von diesem jeweiligen Wert der Tradition her wird ein Blick in die Herausforderung der Gegenwart gewählt, die möglicherweise als verunsichernd und krisenhaft erlebt wird und nicht mehr ohne Weiteres auf der Folie der jeweiligen Tradition beurteilt werden kann. Von daher wird nun die Aufgabenstellung z. B. der Predigt, aber auch die Formulierung der Gebete gewählt: „Man muss sich und andere dazu anregen, über die eigene Glaubensgeschichte nachzudenken.“

In der aktuellen Gegenwart die Vorgaben der Tradition vor Gott bedenken.

Die Gebete stellen sich nun dar als das Bedenken der Aufgabe vor Gott. Dadurch enthalten beide Gebete eines Sonntages manchmal affirmative Aussagen. Diese dienen der Formulierung des gemeinsamen Standpunkts in der Gebetssprache, wie zum Beispiel hier am Sonntag Oculi: „Entscheidend ist, was du mit uns vorhast, nicht was wir wünschen und planen.“ Beim Fürbittengebet dienen diese Affirmationen zur Darbietung eines Kehrverses, der den 2-3 Bitten im Mittelteil vorangestellt wird, wie z. B. am Sonntag Oculi: „Weil du ein tatkräftiger Gott bist, ein freier Herr, voller Erbarmen, bitten wir dich:…“.

Fazit:

Da ein Thema, das im Gottesdienst nicht vorkommt, wohl kaum ein Kerngedanke des christlich- biblischen Denkens darstellt, bietet dieses liturgische Handbuch zugleich eine Kurzfassung kirchlichen Denkens, das sich im Gottesdienstgeschehen verorten lässt. Es ist ein Glaubenshandbuch, eine liturgische Dogmatik, die den Blick in die Praxis aufzeigt. Es ist ein Praxisbuch evangelischer Hermeneutik von der Perspektive des Gottesdienstes aus. Es zeigt, was der Gottesdienst heute im Rückgriff auf die Tradition vergegenwärtigen kann, und zeigt zugleich, wie viele Fragen offen bleiben müssen. Warum Josuttis in den Gebeten so steil an den historischen Formulierungsvorgaben festhält, ist jedoch von seinem Gegenwartsanspruch her unerfindlich. So fällt er in die Grube, die er selbst gräbt. Dennoch: Die Lektüre des Buches und die Adaption der Gebete ist anregend, weil sie die Gemeinde auffordert, nach dem roten Faden des Sonntags zu fragen. Die Formulierung der Gebete, die oft auch zu lang sind, bleibt hinter dem Anspruch zurück. Ein Satz wie „… so gut wir es wissen und so schlecht wir es können“ hätte dem Autor von daher nicht passieren dürfen. Jeder Prediger, jede Predigerin ist nun aufgefordert, die Gebete und den Grundgedanken in die eigene Gebetssprache zu übersetzen.

Anmerkung: Die Zitate stammen ohne Ausnahme aus dem Abschnitt „Oculi: Nachfolgewege“ (S. 85-88).