Notiz – Religion und Öffentlichkeit, Christoph Fleischer, Werl 2012

Man könnte es so sehen: Kirche ist ein Netzwerk in der Öffentlichkeit. Ich stehe mit anderen in Verbindung, die ich nicht kenne, die aber auch getauft sind, an Gott glauben usw. Alle Leute auf Facebook brauchen ein solches öffentliches Netzwerk nicht, da dies alles im „sozialen Netzwerk“ erfahren wird. Ich habe im RU erfahren, dass es sinnlos ist, jungen Menschen Kirche als Netzwerk zu empfehlen. Ich denke, dass es auf die persönliche Religion ankommt, die dann erfahren wird, wenn das Netzwerk ausfällt. Es ist doch wohl eher eine spirituelle Krise als eine institutionelle, in der sich unsere Religion befindet.
Auf Facebook gepostet bei Evangelisch.de am 29.09.2012.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

5 Gedanken zu „Notiz – Religion und Öffentlichkeit, Christoph Fleischer, Werl 2012“

  1. Der Kommentar von Stefan Wehmeier greift eine interessante Verbindung von abendländischem Denken, Religion und Ökonomie auf. Die Kritik der Religion basiert allerdings auf feuerbachschem Denken, das m. E. längst überwunden ist. Die von ihm skizzierte Religion ist längst zu einer säkularen Realität geworden. Die Wirtschaft wurde selbst zur Religion. Aus der Orientierung an Silvio Gesell eine Partei zu machen, ist politisch kurzsichtig. Die inhaltlichen Kommentare sollen frei von „Denkfehlern“ sein. In der Tat ist der Ausgang der gegenwärtigen Krise völlig offen. Was der Begriff Natürliche Wirtschaftsordnung dazu beiträgt ist nicht ohne weiteres einsichtig. Für unsinnige Experimente ist es ohnehin zu spät.

  2. Religion

    Religion ist die besondere Fähigkeit, die originale Heilige Schrift NICHT zu verstehen.

    Diese „besondere Fähigkeit“ (selektive geistige Blindheit gegenüber makroökonomischen Konstruktionsfehlern) versetzt den unbewussten (religiös verblendeten) Kulturmenschen in die Lage, in einer noch fehlerhaften Makroökonomie zu existieren, in der ein nachhaltiges Wirtschaften unmöglich und der nächste Krieg unvermeidlich ist:

    http://www.swupload.com//data/Das-Juengste-Gericht.pdf

  3. Da wir nun eine Zeit über die Bedeutung von Religion im Gespräch sind,
    eine aktuelle Meldung zum Thema:

    http://www.facebook.com/DalaiLama?ref=ts
    All the world’s major religions, with their emphasis on love, compassion, patience, tolerance, and forgiveness can and do promote inner values. But the reality of the world today is that grounding ethics in religion is no longer adequate. This is why I am increasingly convinced that the time has come to find a way of thinking about spirituality and ethics beyond religion altogether.

    Alle großen Weltreligionen, mit ihrer Betonung der Liebe, Mitgefühl, Geduld, Toleranz und Vergebung kann und innere Werte fördern.
    Aber die Realität der Welt heute ist, dass Erdung Ethik in der Religion nicht mehr ausreicht.
    Dies ist, warum ich immer mehr davon überzeugt bin, dass die Zeit gekommen ist, eine Art des Denkens über Spiritualität und Ethik auch jenseits von Religion überhaupt zu finden.

    Bemerkenswert finde ich, dass diese aktuelle Sicht von einem Religionsvertreter kommt, dem es nicht um Gottes- Begriffe und -Bezeichnungen und nicht um Gottesbilder und Gottesverständnisse geht.

    Ich würde mich freuen, wenn Kirchenleitungen und Vatikan, aber auch jüdische und muslimische Verbände, sich mit dieser Einschätzung befassen würden.

    Ich habe das Gefühl, dass jegliche Auseinandersetzung um Beschneidung, um Religionsfrieden und dem sogenannten Dialog der Religionen,
    der Absicherung der eigenen Existenz und dem Erhalt des Status Quo, dient.

  4. Der Begriff Spiritiualität wird m. E. im innerkirchlichen Diskurs anders benutzt. Er orientiert sich dort eher an sprituellen Techniken der Gebetspraxis, weniger an der Erfahrung des Selbst, wie Du es schreibst. Das wäre ja geradezu ketzerisch. Wenn das Wort Sprititualität in diesem Sinn im innerkirchlichen Diskurs gebraucht wird, muss das m. E. mit dem Gottesbegriff verknüft werde, so ähnlich wie bei Walsch, d. h. die spirituelle Erfarhung des Selbst, wie Du sie mit Metzinger beschreibst, ist Gotteserfahrung. Dazu hat auch Jörg Zink ein Buch geschrieben mit eben diesem Titel. Er beschreibt darin seinen Zugang zur Mystik, denn die Erfahrung des Selbst als Gotteserfahrung ist im Prinzip in der Mystik z. B. bei Angelus Silesius auch ausformuliert worden.
    Hinweis (umsonst):
    http://www.amazon.de/Cherubinischer-Wandersmann-ebook/dp/B0057JVDQY/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1349073690&sr=8-2
    Dem Anliegen, den Begriff Religion fallen zu lassen, oder sie wie Barth als eine Art Versuch der Selbsterlösung und Selbstrechtfertigung zu bezeichnen, kann ich demnach nicht folgen, weil der Gottesbegriff zur Spiritualität hinzugehört und es so eben auch eine Form von Religion ist. Da es in unserer postmodernen Welt nicht mehr nur falsch und richtig gibt, kann man das m. E. auch gut stehen lassen. Wenn Du Religion ausschließlich mit Institution gleichsetzt, gebe ich Dir recht, aber so einfach liegt die Sache nicht. Ich verdanke diesen Gedankengang im Grunde immer noch Wilhelm Gräb, von dem neulich wieder einen Text online gefunden habe: http://religionsphilosophischer-salon.venetus.de/keys/wilhelm-grab

  5. Mit Thomas Metzinger, Uni Mainz, Abt. Theoretische Philosophie,
    ist um der intellektuellen Redlichkeit Willen festzuhalten, worüber wir genau reden:
    Das Gegenteil von Religion und Glaube ist nicht Wissenschaft.
    Das Gegenteil ist Spiritualität.

    Metzinger leitet diese Formel an, von Jiddu Krishnamurti, dem bekannten indischen Meditations- und Bewusstseinsforscher ab, von dem folgende Formulierung von 1926 stammt:
    …denn ich behaupte, dass die einzige Spiritualität die Unbestechlichkeit des Selbst ist. Denn diese ist zeitlos, sie ist die Harmonie zwischen Vernunft und Liebe. 2. August 1926.

    Religion sind alle Dogmen, Gebräuche und institutionellen Einrichtungen.
    Spiritualität ist die Einzigartigkeit des Selbst.
    Das Selbst, das insbesondere auch sich selbst gegenüber nicht korrupt sein kann?

    Gibt es eine Form von Spiritualität, die nicht selbstgefällig, klebrig oder kitschig ist, bei der man
    keinen kognitiven Selbstmord begeht und nicht auf mehr oder weniger subtile Form seine Würde
    als kritisches rationales Subjekt verliert?
    Wer einmal seine ganz ureigene Melodie vernommen und mitgesungen hat,
    weiß aus Erfahrung, Eigentlich wissen wir das alle, weil wir einmal Kinder waren.

    Ich meine, und ich glaube auch hier Jesus richtig zu verstehen
    Spiritualität und Religion schließen sich aus.

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