Zu: Dag Hammarskjöld: Zeichen am Weg, Das spirituelle Tagebuch des UN-Generalsekretärs, Überarbeitete Neuausgabe zum 50. Todestag, Aus dem Schwedischen von Anton Graf Knyphausen, Herausgegeben von Dr. Manuel Fröhlich, Verlag Urachhaus Stuttgart 2011, 2. Auflage 2012, ISBN 978-3-8251-7770-6, Preis: 19,90 Euro
Dag Hammarskjöld (1905 – 1961), schwedischer Politiker und Diplomat, war zweiter UNO-Generalsekretär in New York. Er wäre sicherlich längst in Vergessenheit geraten oder schlicht als der Begründer der UNO-Blauhelm-Truppe in Erinnerung geblieben, wenn man nicht hin und wieder spirituellen Sprüchen oder weisheitlichen Aphorismen aus seiner Hand begegnen würde. Die spirituelle Arbeit gehört zu seinem posthum veröffentlichten Tagebuch „Zeichen am Weg“, in dem neben religiösen Traditionen, zum Beispiel aus der Bibel, auch Texte aus der Literatur, Philosophie und Mystik überliefert werden. Die neue Ausgabe dieses Tagebuchs wurde von Manuel Fröhlich erstellt, wobei die Anmerkungen meist den literarischen Quellen der Sprüche auf den Grund gehen. Professor Fröhlich (Jena) stellt zudem eine Kurzbiographie Hammarskjölds als Einführung in den Text zur Verfügung. Dieses Buch ist ein wertvoller Beitrag in der aktuellen Diskussion um die moderne Form und Bedeutung der Mystik. Schon die Neugestaltung des Meditationsraums der UNO zum Raum der Stille zeigt (bis heute) Hammarskjölds Bewusstsein für die Bedeutung der Religion, besonders in der Antwort auf die Existenzfragen des Lebens.
Das Thema „Tod “ ist im ersten Teil des Tagebuchs sehr oft angesprochen. Es geht auch um die Reise nach innen, um „tönendes Schweigen“ (Seite 92), „gesteuert werden von dem, was lebt“ (Seite 126). Wie stark etwa ist ein Mensch „in der Sammlung…, die er gewinnt, wenn Gott dann in ihm ist, weil er im Gott ist.“ (Seite 132). Dagegen ist ein Glaube als Selbstgefälligkeit, „als metaphysische Zauberformel“ nicht mehr vonnöten (Seite 133). Besser ist die Stille, ist Demut. Dies drückt sich auch in Beziehungen zu anderen Menschen aus und findet seinen Niederschlag in den Maßstäben des Diplomaten Hammarskjöld für das Verständnis von Verhandlungen, im Text: „von Menschen und ihrem Weg zur Einigkeit“ (Seite 139). Man sieht förmlich autoritäre Vorgaben zum Verständnis von Religion wegfallen. So tritt der Lebensbezug der Religion klar hervor: An Gott glauben heißt letztlich „an sich selbst zu glauben“ (Seite 150). Manchmal ändert sich der Stil, doch immer sind es klare und einfache Formulierungen, die das Ergebnis der Reflexion zusammenfassen. Der Glaube ist Gottes „Vereinigung mit der Seele“ (Seite 181), wird subjektiv konstruiert und mit der modernen Lebensweise in Einklang gebracht. Gedanken von Meister Eckhart und Thomas von Kempen verbinden sich mit Denkanstößen aus der Literatur oder der eigenen Denk- und Meinungsbildung. Ein paar Wochen vor dem tödlichen Flugzeugabsturz im Kongo schrieb Dag Hammarskjöld:
„Du,
Den ich nicht kenne,
Dem ich doch zugehöre.
Du,
Den ich nicht verstehe,
Der dennoch mich weihte
Meinem Geschick.
Du – “ (Seite 219).
Wenn die Gedanken in der Stille himmelwärts gingen, so geschah dies darum, um den Füßen umso besseren Standpunkt im politischen und diplomatischen Verhandlungsgeschick zu geben. Lebensbezug und meditative Versenkung sind nach Dag Hammarskjöld kein Gegensatz. Der weitgehende Verzicht auf zeitgeschichtliche Bezüge lässt das Buch „Zeichen am Weg“ zeitlos aktuell erscheinen.