Leistung, Luther, Gnade, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

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LEISTUNGsfrust?
LUTHER_sucht…
Gnade!

sola scriptura 2017, Lyrik und Prosa im Schreibwettbewerb zum Reformationsjubiläum, Herausgeber: Ev. Kirchenkreis, Wittenberg, erschienen im Selbstverlag, Wittenberg 2017, Softcover, 227 Seiten, Druckerei: Gutenberg Leipzig, zertifiziertes Papier, Preis: 12,00 Euro zzgl. Versandkosten, (Schutzgebühr) bei: Ev. Kirchenkreis Wittenberg, Superintendent, Jüdenstr. 35 – 37, 06886 Wittenberg

Das Buch zum Schreibwettbewerb ist trotz seines Erscheinens im Selbstverlag von ausgezeichneter Qualität. Obwohl Softcover, ist es mit einer Fadenbindung versehen. Ich konnte zum jetzigen Zeitpunkt keine Antwort auf meine Nachfrage erhalten, wie stark das Buch im Rahmen der Reformationsveranstaltungen nachgefragt und verkauft worden ist. Ich habe im April auch nur per Zufall davon erfahren, durch eine hier vertretene Autorin.

Die Beiträge zum Schreibwettbewerb sind zum größten Teil von Schulklassen bzw. Schülerinnen und Schülern eingereicht worden, aber auch von schriftstellerisch aktiven Einzelpersonen. Da deren Beiträge nicht freigegeben sind, war ich froh von der Malerin und Autorin Marlies Blauth die Zusage erhalten zu haben, einen ihrer Beiträge hier als Beispiel veröffentlichen zu können. (Hinweis: auf der Homepage des Ev. Kirchenkreises Wittenberg gibt es noch weitere Texte).

 

werd‘ wieder Kind!

 

twittert jemand

und ich denke:

Kind Gottes –

herzlich geliebt –

wie immer

du dich entscheidest.

aber das klingt

nach Sekte

deswegen sage ich

nichts

ich Kind.

 

Das Buch zeigt die drei Themen des Schreibwettbewerbs (siehe Titel) als Kapitelüberschriften.

 

LEISTUNGsfrust?
Ein Beispiel aus: „Klosterleben im Selbstversuch“ von Kira-Viktoria Straub (S. 68):

 

Wir bringen Leistung, ohne im Stress zu sein und ich will nicht wieder zurück in den mir inzwischen so beängstigenden Alltag, in diesen Kreislauf aus Erwartung, Druck und ständiger Kontrolle, die sich Schule nennt.

 

LUTHER_sucht…

 

Der Text von Isa Susan Doege wird als 1. Platz U18 bezeichnet.  „Bemerkungen zu den Leistungen Martin Luthers – Eine kurze Provokation“ (S. 91/92):

 

Nahezu alle Bereiche des Alltagslebens in der Lutherstadt Wittenberg sind angesichts des 500jährigen Reformationsjubiläums mit der Persönlichkeit Luthers besetzt worden, ohne seine Gestalt in ihren Widersprüchen zu zeigen.
Luther, ein Mensch des 16. Jahrhunderts, wird zur Förderung des Tourismus, des Stadtmarketings und lokaler Folklore (Luthers Hochzeit) missbraucht. Ganz im Sinne einer übertriebenen Leistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts wird kulturelles Erbe zu möglichst viel Geld gemacht. Hatte sich Luther aber nicht gegen den Ämterkauf und Ablasshandel – kurz die Kommerzialisierung – des Glaubens gewandt?

 

Gnade!

 

Im dritten Teil findet sich ein Text überschrieben mit „Der Welten Ablassbrief“ von Sally Isabel Strauchmann (S. 194):

 

Tsunamis, Erdbeben und Dürre scheinen euch nie genug Nervenkitzel, der euch zwischen der ganzen Sicherheit der Matheformel Leben den Adrenalinstoß gibt. Todesmutig verfasst ihr Formeln und Gesetze, mischt zusammen, was nicht zusammengehört in der Hoffnung, jemand würde auf eure Achterbahn aufsteigen.

 

Ich denke, dass die kurze Auswahl zeigt, dass reformatorisches Denken tatsächlich an der Tagesordnung ist, aber nicht im Sinne einer kirchlichen Nabelschau oder von touristischem Kommerz, sondern im freien Denken von Gottes Gnade und Güte her (Vgl. ML, These 62, der Rezensent).

Link zur Homepage

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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