Gedichte über das Leben, Rezension, Christoph Fleischer, Welver 2017

Zu:
Marlies Blauth: Dornröschenhaus, Gedichte, ATHENA-Verlag, Oberhausen 2017, illustriert mit Bildern von Marlies Blauth in schwarz-weiß, Softcover, 78 Seiten, ISBN: 978-3-89896-691-7, Preis: 12,90 Euro
Die Bilder dieses Bandes sind von der Lyrikerin selbst, die als Künstlerin in Meerbusch arbeitet. Da nach jedem Bild eine leere Seite folgt, nehme ich an, dass sie wie eine kleine Zäsur einen inhaltlichen Abschnitt markieren.
Am Ende des Buches befindet sich das Inhaltsverzeichnis. auf dem Buchumschlag lesen wir editorische und biografische Notizen. Meine Rezension hat die Form eine Briefes:

Liebe Marlies,
in den siebziger Jahren habe ich Erich Fried kenngelernt. Seine Gedichte handeln von Liebe und Politik, von einem der beiden oder von Beidem. Beides war emotional und inhaltlich zugleich.
An diese Lesungen musste ich denken, als ich Deine Gedichte im Buch „Dornröschenhaus“ las.
Es sind moderne Gedichte, die sich nicht durch Versmaß und Reim auszeichnen, sondern durch Wortspiele und Gedankensprünge. Anfang und Ende sind wohl sehr wichtig, so dass sie auch als Denk-Weg angesehen werden können.
Manchmal haben die Gedichte zwei Ebenen, die miteinander kommunizieren. Manchmal sind es ins kabarettistisch weisende Darlegungen der Wirklichkeit.
Der Gedicht „ich träumte“ handelt von einem Traum, der die Beziehungsverhältnisse von Familien korrekt ordnet (S. 61). In dieser Ordnung gehen Emotionen den Bach herunter, „das störende eingefaltet“ und die Freude wird „hinter dem haus“ in den Abfall entsorgt.
Das Gedicht „Gottesdienst“ handelt vom Körperkult in den Fitnessstudios (S. 52). Aber wenn ich „den körper vom kreuz“ gerissen habe, dann geht mit diesem Körperkult wohl eine Abkehr vom Christentum einher. Doch muss das sein?  Kommt der Körper Christi nur deshalb in die Muckibude, damit der die Gewichte, das heißt die Lasten des Lebens stemmt. Da kann ich doch gleich in den Gottesdienst gehen. Um die Überschrift zu erwähnen.
Und dazu: Als ich Dich nach den Dionysos-Ditharamben fragte, sagtest Du, dass du damit nichts am Hut hast. Doch dabei wäre es einen Versuch Wert, einmal solche sich aufeinander Beziehenden und dabei steigernden Assoziationen aneinander zu binden.
Und dann las ich hier in Deinem Buch das Gedicht Raunacht (S. 19), und fragte mich, ob nicht dieses genau dazu passt? Hier stört kein „aber“. Die Worte regen mich auf und an. Diese Nachterfahrung steigert sich, angeregt durch Imperative, bis ich mit dem Gedicht zum Wort „Mond“ gelange.
Interessant ist bei Dir manchmal das Personalpronomen. Wen meinst du eigentlich mit „ich“ wie im Gedicht „am wattenmeer“ (S. 36). Wer hat den Stacheldraht abgelegt, wem ist eine Tanzfläche ausgerollt…? Das bist doch nicht Du, oder? Zum Schluss scheint es wieder harmonischer zu werden und der Klang der Wellen dich zu betören, dann störst Du dich an einer Plastiktüte?
Du spielst mit Worten, malst schreibend Bilder und weckst Emotionen, das kann Glück aber auch Ärger sein.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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