Predigt mit Zitaten von Dorothee Sölle über die Gesellschaft der Räuber und Passanten – Christoph Fleischer

Lukas 10,25-37
25 Da trat ein Gesetzeslehrer auf, um ihn zu versuchen, und fragte: »Meister, was muß ich tun, um ewiges Leben zu ererben?« 26 Jesus erwiderte ihm: »Was steht im Gesetz geschrieben? Wie lauten da die Worte?« 27 Er gab zur Antwort: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit aller deiner Kraft und mit deinem ganzen Denken« (5.Mose 6,5) und »deinen Nächsten wie dich selbst« (3.Mose 19,18). 28 Jesus sagte zu ihm: »Du hast richtig geantwortet; tu das, so wirst du leben!« 29 Jener wollte sich aber rechtfertigen und sagte zu Jesus: »Ja, wer ist denn mein Nächster?« 30 Da erwiderte Jesus: »Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel Räubern in die Hände; die plünderten ihn aus, schlugen ihn blutig, ließen ihn halbtot liegen und gingen davon. 31 Zufällig kam ein Priester jene Straße hinabgezogen und sah ihn liegen, ging aber vorüber. 32 Ebenso kam auch ein Levit an die Stelle und sah ihn, ging aber vorüber. 33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam in seine Nähe, und als er ihn sah, fühlte er Mitleid mit ihm; 34 er trat an ihn heran und verband ihm die Wunden, wobei er Öl und Wein darauf goß; dann setzte er ihn auf sein Maultier, brachte ihn in eine Herberge und verpflegte ihn. 35 Am folgenden Morgen holte er zwei Denare (= Silberstücke) heraus (aus seinem Beutel), gab sie dem Wirt und sagte: ›Verpflege ihn, und was es dich etwa mehr kostet, will ich dir bei meiner Rückkehr ersetzen.‹ 36 Wer von diesen dreien hat sich nun nach deiner Ansicht dem unter die Räuber Gefallenen als Nächster erwiesen?« 37 Jener antwortete: »Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm geübt hat.« Da sagte Jesus zu ihm: »So gehe hin und handle du ebenso!«

Liebe Gemeinde,

zunächst möchte ich das Gleichnis noch ein wenig nacherzählen…

Skizzieren möchte ich den Inhalt des Gleichnisses, indem ich nach möglichen Überschriften frage:

  • riskante Geschäftsreise,
  • unterlassene Hilfeleistung
  • Erste Hilfe
  • vom fremden Nächsten
  • was kostet die Pflege?

In einem Aufsatz über diesen Bibeltext hat die Theologien Dorothee Sölle Gedanken dieses Textes in die heutige Zeit übertragen. Sie erzählt Beispiele von Begegnungen und Erfahrungen, die ich kurz skizzieren möchte.

(Einige Zitate aus dem Aufsatz: Dorothee Sölle; Die Gesellschaft der Räuber und Passanten, in: Vom Nächsten, Walter Jens (Hrsg.), DtV Verlag München 1984, zuerst Stuttgart 1973, danach auch erschienen im Buch von Dorothee Sölle, Sympathie, Stuttgart 1978).

Dorothee Sölle beginnt mit der Beschreibung eines Arbeiters in einer französischen Metallfabrik. Aufgrund eines Arbeitsunfalls sind ihm verboten, schwere Lasten zu tragen. Die Kollegen glauben ihm erst, wenn er sein T-Shirt hochzieht und ihnen die Narben an seinem Rücken zeigt. Er kann nicht gekündigt werden, aber wird von einer Abteilung in eine andere versetzt. Und immer wieder das gleiche Spießrutenlaufen. Eine politische Meinung konnte er sich schon gar nicht leisten, so schreibt Dorothee Sölle: „Er war den Umständen völlig ausgeliefert. Er war das Opfer, ausgezogen, bedroht und gejagt. Auch das ist eine Geschichte von einem, der den Räubern in die Hände fiel. Jesu Erzählung spricht über das Verhalten von vier verschiedenen Gruppen von Menschen. Da gibt es Räuber und Opfer, da gibt es Vorübergehende und Helfer.“

Dorothee Sölle vergleicht die Geschichte des Arbeiters  Viktor, die dieser auf einer Tagung erzählte mit den Worten Jesu und fragte sich, ob das Ziel wohl das gleiche ist: Jesus will herausfinden, auf welche Seite wir gehören. „Predigt mit Zitaten von Dorothee Sölle über die Gesellschaft der Räuber und Passanten – Christoph Fleischer“ weiterlesen

Moderne Psalmen, eine Voranzeige

zu Georg Schwikart: Du hörst mich, Die Psalmen in neuen Worten, Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach 2015, ISBN 978-3-89680-3, Preis: 14,99 Euro, erscheint am 18.08.2015 (Christoph Fleischer, Welver 2015)

Georg Schwikart du hörst michDiese Sammlung der Psalmen ist sehr interessant, da es sich um Bearbeitungen in aktueller Sprache handelt. Zu jedem biblischen Psalm findet sich je ein Text. Der Benediktinerpater Pirmin Hugger und der herausgebende Autor Georg Schwikart sowie die Autorin Christel Kehl-Kochanek sind mit den meisten Texten vertreten. Meinen Text zu Psalm 25 hat der Autor im Internet gefunden. Dazu gibt es auch andere Beispiele, wo der Herausgeber im Quellennachweis schlicht vermerkt: „Rechte beim Autor.“ „Moderne Psalmen, eine Voranzeige“ weiterlesen

Quellen jüdischer Religion, das Opfer, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

Zu: Die Mischna, Heiligkeiten, Seder Qodashim, Aus dem Hebräischen übersetzt und herausgegeben von Michael Krupp in Zusammenarbeit mit Jonas Leipziger u. A., Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-458-70051-7, Preis: 58,00 Euro

70051Von Michael Krupp (geb. 1938) sind in dieser Mischna Edition im Verlag der Weltreligionen bislang eine „Einführung in die Mischna“ sowie die Bände der Ordnungen „Saaten“ (Bd. 1), „Festzeiten“ (Bd. 2), „Frauen“ (Bd. 3) und „Schädigungen“ (Bd. 4) erschienen. Es ist mit dem Band „Heiligkeiten“ nun der fünfte und damit vorletzte Band dieser Mischna-Ausgabe im Verlag der Weltreligionen herausgekommen.

Es ist das Verdienst des evangelischen Pfarrers und Judaisten Michael Krupp in der Ausgabe der Mischna eine kritische und kommentierte Übersetzung aus dem Hebräischen vorzulegen. Er wurde 1970 von der Berlin-Brandenburgischen Kirche (damals (-West) nach Jerusalem entsandt, um eine kirchliche Begegnungsstätte aufzubauen. Er ist mit einer Jüdin verheiratet und lebt seitdem in Israel, nunmehr im Ruhestand und arbeitet als Dozent an der Hebräischen Universität Jerusalem. Michael Krupp hat Publikationen zum christlich-jüdischen Dialog herausgegeben. „Quellen jüdischer Religion, das Opfer, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015“ weiterlesen

Buber-Biographie für den interreligiösen Dialog, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

Zu: Karl-Josef Kuschel, Martin Buber – seine Herausforderung an das Christentum, Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 2015, ISBN 978-3-579-07086-5, Preis: 24,99 Euro

Martin Buber - seine Herausforderung an das Christentum von Karl-Josef Kuschel
Martin Buber – seine Herausforderung an das Christentum von Karl-Josef Kuschel

Karl-Josef Kuschel (geb. 1948), emeritierter Professor für Kultur und interreligiösen Dialog der Fakultät für Katholische Theologie in Tübingen, legt zum 50. Todestag des jüdischen Religionsphilosophen und Bibelübersetzers Martin Buber (1878-1965) eine Biographie vor, die zugleich eine anschauliche Einführung in dessen umfangreiches publizistisches Werk darstellt. Dabei ist das Buch spannend und gut lesbar. Die Lebensdaten stellen uns einen Menschen vor Augen, dessen Lebenslauf religiöse, philosophische, psychologische und politische Themen und Ereignisse des 20. Jahrhunderts verbindet. Die Rezension muss darauf verzichten, hieraus eine Essenz herzustellen, sondern muss einfach dazu auffordern, dieses Buch zu lesen. Es ist wissenschaftlich rezipierbar, ohne dabei ständig in ein Lexikon blicken zu müssen, anrührend und verständlich von der ersten bis zur letzten Seite. Die  Werkausgaben sind angeführt genauso wie die zahlreiche Sekundärliteratur. Zeitgenössische Quellen werden belegt, der historische Kontext erläutert. Es gibt nichts zu kritisieren.  „Buber-Biographie für den interreligiösen Dialog, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015“ weiterlesen

Gedanken zum pastoralen Handeln in der Gegenwart, Emanuel Behnert, Lippetal 2015

Rezension zu: Benno Elbs: „Im Stallgeruch der Schafe – Wege pastoraler Arbeit im 3. Jahrtausend. Verlagsgruppe Styria (Wien / Graz / klagenfurt) 2014; ISBN 978-3-222-13462-3; 19,99€

„Auftrag und Mission der Hirten von heute: Wunden heilen, Seelen wärmen und vor allem den Stallgeruch der Schafe annehmen. Doch wie soll die Pastoralarbeit des neuen Jahrtausends konkret aussehen? Auf welches Gottes – und Menschenbild stützt sie sich. Und wie können die Chancen des Wandels genutzt werden?…“ (Umschlagaußenseite)

9783222134647_Cover_300dpi„Zwischen Individualisierung und Egotaktik ist die Kirche heute eine von vielen Stimmen auf dem Markt der Heilsangebote. Umso wichtiger wird eine Pastoralarbeit, die die Lebenssituation der Menschen entschieden vom Blickwinkel Gottes her betrachtet. Die Aussagen von Papst Franziskus verleihen – gestützt auf die Botschaft der Bibel – zudem einem Verständnis von Kirche Auftrieb, die eine neue Einfachheit und Bescheidenheit lebt und an die Ränder der Gesellschaft geht.

Eine Pastoral, die physischen und vor allem spirituell – geistige Räume schafft, in denen sich Heilung und Versöhnung ereignen können, muss die samaritanische, die prophetische, die familiäre, die kontemplative und die missionarische Dimension mit einschließen.“ (Umschlaginnenseite)

„Eine Erneuerung der Kirche und der Pastoral kann, so ist Bischof Benno Elbs überzeugt, nur im radikalen und vertrauenden Blick auf Gottes Wort und auf das Handeln Jesu geschehen.“ (Umschlagaußenseite)

Mit diesen Worten wird dem interessierten Leser die Grundlage des vorliegenden Buches nahegebracht. Auf dieser Grundlage, gleichsam dem Anliegen des Autors heraus, entwickelt Bischof Benno Elbs seine Gedanken zum pastoralen Handeln in einer Zeit der Zeitenwende. Dabei ist sicherlich mehr als der Übergang in ein neues Jahrtausend gemeint. Vielmehr wird durchaus auch der Übergang in die neue Gesellschaftsform der Postmoderne, aber auch der noch nicht näher bezeichneten Gesellschaft danach in den Blick genommen.  „Gedanken zum pastoralen Handeln in der Gegenwart, Emanuel Behnert, Lippetal 2015“ weiterlesen