Meditationen in der Karwoche von Emanuel Behnert, Lippetal 2020

Dienstag in der Karwoche 2020; Dienstag nach Palmarum

Ein Bild, das zum Nachdenken einlädt, um sich zu besinnen, zum ruhigwerden. Ein Bild, das eigentlich keiner weiteren Worte bedarf. Gottes Segen mit jedem Betrachter, mit jeder Betrachterin.

 

Danke Bishop Kerstin McNiesh; (altkatholische Kirche Amerika) eingestellt am  06.04.2020 auf Facebook. Kopierechte wurden mündlich erteilt.

Mittwoch in der Karwoche

Gnade sei mit uns und Friede, von GOTT unserem Vater und unserem HERRN Jesus Christus. Amen.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

sie sind auf dem Weg nach Jerusalem. Sie sind auf dem Weg zu einem der höchsten Feste, die die Menschen in dieser Zeit, in dieser Region, in dieser religiösen Kultur kennen. Sie sind auf dem Weg zum Pessachfest. Aber sie sind auch auf dem Weg hin zum Kreuz. Auch wenn dies nur EINEM wirklich bewusst wird. Die Hälfte der Wegstrecke haben sie geschafft. Auch, wenn die Strecke des Lebens, die zu diesem Ziel geführt hat, viel länger gedauert hat. Wie viele Begegnungen. Wie viele Emotionen, die es anzunehmen und auszuhalten gab. Und immer wieder auch diese eine. Die Angst. Wievielmal aber auch die Dankbarkeit für Begegnungen und entspannende Momente, die aufgerichtet haben. Die dafür gesorgt haben, dass die Angst nicht dauerhaft der Sieger bleibt.

Eine Angst, die manch einen von uns in diesen Tagen sicher auch immer wieder gefangen nimmt. Weil der Weg nach Ostern hin so ganz anders ist, als wir das sonst gewohnt sind. Das Kreuz, von dem auch sonst öffentlich nur selten die Rede (gewesen) ist, ist in diesen Tagen auf ganz eigene Weise doch immer wieder greifbar. Und anders, als bislang bekannt, an allen Orten sichtbar. Überall dort, wo sich vermummte und behandschuhte Menschen aus dem Weg gehen und einen Riesenbogen umeinander machen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in größeren Kaufhäusern, von denen ja nur noch die Wichtigsten geöffnet haben, so still gewesen ist. Eine greifbare Angst und ein Kreuz in ganz neuem Erscheinungsbild.

Mitten in diese alles lähmende Angst hinein ist mir ein Text von Paulo Coelho, einem brasilianischen Bestsellerautor begegnet, in dem er schreibt: „Ein Patient sagte zu seinem Arzt: „Angst beherrscht mein Leben, und sie hat mir alle Freude genommen.“

„Hier in meiner Praxis lebt eine Maus, die an meinen Büchern knabbert“, entgegnete der Arzt. „Mach ich zu viel Aufhebens von der Maus, wird sie sich vor mir verstecken, und ich werde nichts anderes mehr tun, als sie zu jagen.

Stattdessen habe ich meine wertvollsten Bücher an einen sicheren Platz gestellt und erlaube ihr, an den anderen zu knabbern. So bleibt sie eine einfache Maus und wird nicht zu einem Monster. Richten Sie Ihre Angst auf einige wenige Dinge, dann bleibt Ihnen Mut für das, was (wirklich) wichtig ist.“ (Paulo Coelho: „Der Wanderer“; Zürich 1998)

Vergessen wir also bei aller Schwere des Augenblicks, bei aller angstmachenden  Unverständlichkeit der Zeit, bei jedem Schicksalsschlag, den wir in diesen Tagen oft vermeintlich allein tragen müssen nicht, dass das Kreuz, egal, wie es aussehen mag, nicht die letzte Station auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg hin zu Ostern ist.

Und so lade ich Sie und Euch ein, wenn es Ihnen möglich ist einzustimmen in Verse des 71. Psalms, in dem es heißt: „HERR, ich traue auf dich, lass mich nimmermehr zuschanden werden. Errette mich durch deine Gerechtigkeit und hilf mir heraus, neige deine Ohren zu mir und hilf mir! Sei mir ein starker Hort, dahin ich immer fliehen kann, / der du zugesagt hast, mir zu helfen; denn du bist mein Fels und meine Burg. Denn du bist meine Zuversicht, HERR, mein Gott, meine Hoffnung von meiner Jugend an. Auf dich habe ich mich verlassen vom Mutterleib an; / du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen. Dich rühme ich immerdar. Mein Mund soll verkündigen deine Gerechtigkeit, täglich deine Wohltaten, die ich nicht zählen kann. Ich gehe einher in der Kraft Gottes des HERRN; ich preise deine Gerechtigkeit allein. Gott, du hast mich von Jugend auf gelehrt, und noch jetzt verkündige ich deine Wunder.“

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

Bleiben Sie Gott befohlen und gesund. Ihr Emanuel Behnert.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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