Predigten zu Passion und Ostern, Emanuel Behnert, Lippetal 2020

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Dietrich Bonhoeffer im Hof von Tegel 1944, vierter von links (http://www.dietrich-bonhoeffer.net/leben/tegel/)

Palmarum 2020

 

„Gott hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle. Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist. Ich bin in tiefe Wasser geraten, und die Flut will mich ersäufen.“ (Psalm 69, 2.3)

 

Mit diesem Gebetsruf aus den Psalmen würden am Palmsonntag unsere Gottesdienste beginnen. Wie vielen Menschen heute geht es aus ganz unterschiedlichen Gründen genauso, wie es damals dem Beter aus alter Zeit gegangen ist?! „Das Wasser steht uns bis zum Hals.“ Angst hat sich breit gemacht. Die Frage nach dem „Was wird morgen sein?“ treibt viele um und bestimmt ihr Handeln. Purer Egoismus auf der einen Seite. Hamsterkäufe ohne Ende. Die Zahl der Mehlmotten in einigen Monaten in unserem Land mag ich mir gar nicht ausmalen.  Aber dann auf der anderen Seite eben auch Solidarität. Ich schaue nochmal nach, wo ich etwas von dem, was Du brauchst finde. Damit Du geschützt und hoffentlich wohl behütet zuhause bleiben kannst. Auch in der Gewissheit, wirklich keinen Mangel leiden zu müssen.

Ja, und dann sind da auch noch die Zyniker, zu denen ich mich zugegebenermaßen auch immer wieder einmal zählen muss mit meinem „schwarzen Humor“. Ihnen fallen dann Sprüche wieder ein wie dieser: „Wenn dir das Wasser schon bis zum Hals steht, solltest du nicht den Kopf hängen lassen.“

Leichter gesagt, als getan. Die Last dieser Tage drückt manch einen von uns schwer nieder. Existenzängste in vielfacher Hinsicht brechen auf. Beruflich. Kurzarbeit. Kein geregeltes Einkommen. Arbeit (z.B. in der Landwirtschaft), die kaum zu schaffen ist, ohne die, die plötzlich außen vor gehalten werden. Anders, als wir das ein Leben lang gewohnt gewesen sind.

Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Das aufeinander An – und Hingewiesen sein, ohne Wenn und Aber. Über einen bislang kaum vorzustellenden langen Zeitraum. Verdeckte, oder nur nicht wahrgenommene Probleme in der Partnerschaft, in der Familie brechen auf einmal vollkommen unbarmherzig hervor. Ja, manch einem geht es so, dass ihm, dass ihr das Wasser bis zum Hals steht. Und glauben Sie mir, aus meiner pflegerisch – medizinischen Erfahrung heraus: Ertrinken ist kein schöner Tod. Ob im realen Wasser, oder Moor, oder durch das eigene Körperwasser, das den Lungen den Raum zum Atmen nimmt. Wie z.B. auch bei einer Kreuzigung.

Im medizinischen Bereich haben wir heute – nicht vielfältige – aber dennoch einige Möglichkeiten Linderung zu verschaffen in solchen Situationen. Auch wenn diese, z.B.im Fall einer Intubation und Beatmung brachial erscheinen mögen, und es mitunter auch für den jeweilig Betroffenen und seine Angehörigen / Zugehörigen sind. Wie oft kann doch Linderung und Besserung erreicht werden. Aber das soll bei weitem kein Lobpreis auf die moderne Medizin sein. Es wird immer jemand geben in solchen Fällen, dem auf unterschiedliche Weise das Wasser bis zum Hals steht. Und ich bin sicher, es sind – gerade heute nicht wenige, die weiter beten können: „Auch wenn ich elend bin und voller Schmerzen, GOTT, DEINE Hilfe schütze mich.“ (Psalm 69,30).

Und für mich klingen jene Verse aus einem anderen Psalmgebet mit an, den viele von Ihnen auswendig mitsprechen können: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal fürchte ich kein Unglück. Denn Du, HERR bist bei mir. DEIN Stecken und Stab trösten mich. DU bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. DU salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein…“

Und plötzlich sind wir mitten im Predigttext unseres heutigen Sonntags. Jesus wird gesalbt. Teures Öl für einen Todgeweihten. Nur ER und sie wissen es.

Wie gut tut sanfte Berührung in allergrößter Not. Wie gut tut es, wenn einer an der Grenze hinschaut und sich zur Verfügung stellt, statt wegzuschauen und – bestenfalls mit schlechtem Gewissen – seinen Weg weiter zu gehen.

Gerade die heutige Zeit zeigt, wie wichtig es ist, alle Möglichkeiten geistiger, seelischer und körperlicher Nähe zu nutzen, um den Menschen nahe zu sein, denen das Wasser in vielfachem Sinn bis zum Hals steht. Denn auch an seinen Tränen kann man ertrinken. Doch dieser Strom versiegt, wenn es Menschen gibt, die bereit sind, die Situation der Herausforderung, auch an der Grenze des Lebens mit einem anderen anzunehmen und zu teilen. Der Strom der Tränen versiegt, wenn wir hören, was DER sagt, der vor und am Kreuz nur wenige, aber Lebens – Richtungsweisende Worte gesagt hat: „Nicht mein Wille geschehe, sondern der DEINE!“  „Das ist deine Mutter. Das ist dein Sohn.“ Das Feld ist bestellt. „Wahrlich, noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“. Die Zukunft ist eröffnet. „In DEINE Hände befehle ich meinen Geist.“ Dem Leben ist die Bahn gebrochen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem HERRN.

 

 

 

Montag nach Palmarum

 

„Der HERR ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der HERR ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen? 3… Ich verlasse mich auf IHN. 13 (Und) Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde die Güte des HERRN im Lande der Lebendigen. 14 Harre des HERRN! Sei getrost und unverzagt und harre des HERRN!“ (Ps. 27, 1. 3b.13.14)

 

Gnade sei mit uns und Friede, von GOTT unserem Vater und unserem HERRN Jesus Christus. Amen.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

gewaltige Worte sind es die uns im heutigen Psalmgebet entgegenprangen. Licht, Heil, Lebenskraft. Lebensmut. „Vor wem sollte ich mich grauen?“ Ja, heute, an diesem wunderschönen Frühlingstag kann ich diese Gedanken nachvollziehen. In der wärmenden Sonne bin ich mit meinem Lieblingsmenschen mehr als 2 Stunden spazieren gegangen. Wir haben über vieles geredet. Einfach nur den Augenblick genossen. Zusammen auf einer Parkbank in der Sonne im Kurpark. Aus der Distanz den Kindern beim Spielen und Toben zugeschaut. Uns an den Tieren erfreut, die uns begegnet sind. Unterschiedliche Enten, Gänse, Schwäne. Und am Reitstall dann eine Begegnung mit einer lieben alten Bekannten, die hier ihr Pferd versorgt. An der Saline etwas Seeluft geschnuppert. Die Zeit im Augenblick gebündelt. Und trotzdem Träume gewagt und Pläne geschmiedet. Und auch, wenn es nicht expressis verbis ausgesprochen wurde, war doch vor allem eins im Raum: Dankbarkeit. Dankbarkeit für diese Augenblicke. Denn gestern sah manches nach einem Streit, den wir hatten noch ganz anders aus. Die Finsternis war mir näher, als das Licht. Lebenskraft war eigentlich nicht da. Ich fühlte mich wie gelähmt. Angst hatte mich ergriffen. Vor dem Augenblick und vor der Zukunft. Denn mitten im Sonnenschein des gestrigen Tages erreichte mich in meiner gestrigen Einsamkeit eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Auch wenn ich selbst nicht unmittelbar betroffen war, gingen die Gespräche nicht spurlos an mir vorbei. Ein schwerer Unfall mit schweren Verbrennungen. Und der Tod eines Elternteils bei einer lieben Freundin.

Das große „Aber“, das in unserem kleinen Gebetsabschnitt mit anklingt, verdunkelte mehr und mehr das Licht des Tages. Und ließ zunehmend daran zweifeln, dass es ein Heil gibt.

Ich gebe zu, liebe Schwestern und Brüder: Geduld zählt nicht immer zu den stärksten Eigenschaften bei mir. Aber ich durfte es wieder einmal erfahren: Versuche geduldig zu sein. Und MICH nicht zu stören in meinem Werk. Es sind nur wenige Stunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkommen, für IHN / SIE, für GOTT sicher weniger ist, als ein Wimpernschlag. Und ich darf heute wieder Licht und Heil und Lebenskraft spüren. Darum: „Sei getrost und unverzagt und harre des HERRN!“.

Sicherlich kein einfacher, aber in voller Dankbarkeit und Hoffnung gepflasterter, wenn wir uns daran erinnern, was Dietrich Bonhoeffer dazu formuliert hat: „Ich glaube, daß Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube, daß Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandkraft geben will, wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, daß auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und daß es Gott nicht schwerer ist mit ihnen fertig zu werden,
als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube, daß Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern daß er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“

 

Ein Glaubensbekenntnis ohnegleichen. Geschrieben in der finstersten Lebenszeit Dietrich Bonhoeffers. Glauben an das Licht. Mitten in der Dunkelheit.

Auf dem Weg zum Kreuz klingt für mich durchaus auch hier schon das „Eli, Eli lama asabtani“ unseres HERRN an. Mitten in Leiden und Sterben trotz allem und gegen alles Festhalten an der Gegenwart des plötzlich so fremden, kaum, gar nicht mehr spürbaren Gottes. Doch ER muss da sein. Nur dann macht es Sinn, wenn ich mich mitten in der Dunkelheit gegen alle Logik an IHN wende, IHN herausfordere. Und hoffentlich – nein sicher – SEINE Nähe spüre.

Mitten im Licht und trotzdem in je eigenen Dunkelheiten gehen wir, in diesem Jahr ganz anders als sonst nicht gemeinsam, sondern jeder für sich, so, wie immer und immer wieder, nicht nur in der Passions – und Osterzeit unsere Kreuzwege.

Kreuzwege, die uns zum Kreuz führen. Aber auch weiter. Zum offenen Grab.

In der jüdischen Tradition beginnt der neue Tag am Abend. Bei uns mitten in der Nacht. Mitten in der Nacht schon dürfen wir darauf hoffen, dass die Morgensonne wieder scheinen wird. Mitten in der Nacht sind wir nicht allein gelassen. Denn das „Eli, Eli lama asabtani“, hat einst in dunkelster Nacht EINER für uns alle gerufen. Daran dürfen wir uns in den Dunkelheiten unserer Nächte festhalten und verzagt und doch mutig darauf hoffen, dass auch wir mit neuer Kraft durch ein neues Tageslicht gehen werden.

 

Bleiben Sie Gott befohlen und gesund. Ihr Emanuel Behnert.

 

 

 

Quasimodogeniti 2020

 

Wenn auch physisch voneinander getrennt, so doch in Herzen, Geist und Sinn miteinander nah verbunden, versammeln wir uns vor GOTTES Angesicht und in SEINER Gegenwart. In der Gewissheit, dass ER, der weder Zeit noch Raum nach unseren Vorstellungen kennt uns nahe ist. Gerade jetzt in diesen Tagen und Wochen, in dieser Zeit, die für manch einen Last und Belastung ist. ER ist da. ER ist mitten unter. ER schenke uns ein Wort für unser Herz. Und ein Herz für SEIN Wort.

Demütig treten wir an die Seite unserer jüdischen Schwestern und Brüder und bekennen mit ihnen in den Worten des Psalms, deren Erkenntnis die unsere werden und zur Dankbarkeit einladen möge:

 

„Das ist mir lieb, dass der HERR meine Stimme und mein Flehen hört. 2 Denn er neigte sein Ohr zu mir; darum will ich mein Leben lang ihn anrufen. 3 Stricke des Todes hatten mich umfangen, / des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen; ich kam in Jammer und Not. 4 Aber ich rief an den Namen des HERRN: Ach, HERR, errette mich! 5 Der HERR ist gnädig und gerecht, und unser Gott ist barmherzig. 6 Der HERR behütet die Unmündigen; wenn ich schwach bin, so hilft er mir. 7 Sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn der HERR tut dir Gutes. 8 Denn du hast meine Seele vom Tode errettet, mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten. 9 Ich werde wandeln vor dem HERRN im Lande der Lebendigen. 13 Ich will den Kelch des Heils erheben und des HERRN Namen anrufen.“ (aus Psalm 116)

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Die Schriftlesung, der Predigttext für den heutigen Sonntag steht bei Jesaja im 40. Kapitel:                                                                      „26 Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt. 27 Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem HERRN verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«? 28 Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. 29 Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. 30 Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; 31 aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ Amen.

 

Halleluja, Ja und Amen! Herr, du wollest auf mich sehn,                          dass ich mög in deinem Namen fest bei deinem Worte stehn.                Lass mich eifrig sein beflissen, dir zu dienen früh und spat                  und zugleich zu deinen Füßen sitzen, wie Maria tat.                     (EG 198)

 

 

Die Gnade Gottes unseres Vaters und die Liebe unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft im Heiligen Geist sei mit uns allen. Amen.

„Von GOTT übersehen. Nach meinem Ergehen fragt ER nicht und für meine Belange interessiert ER sich nicht, geschweige denn, dass ER sich für sie einsetzt. Oder wie es im Predigttext heißt: „Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht vor meinem Gott vorüber“. Warum aber lässt GOTT das alles zu?“

 

Liebe Gemeinde! Liebe Schwestern und Brüder!                                  Wahrnehmungen und Fragen, die eine lange Tradition haben. Und die heute wieder aktueller sind als lange Zeit zuvor. Auch wenn sie bei persönlichen Schicksalsschlägen, die wir nicht erklären können, die anzunehmen uns schwer fällt immer wieder einmal, oftmals von einem jeden von uns gestellt werden. Fragen scheinbar ohne Antworten. Fragesituationen, Lebenssituationen, die uns dennoch im Augenblick des Fragens immer noch zwei Möglichkeiten offenlassen: Festhalten an dem, dem wir diese Frage stellen. GOTT. Oder uns vollkommen abwenden. Hinein in einen – wie auch immer gearteten Nihilismus. In dem wir wahrscheinlich aber irgendwann die vollkommene, belastende Einsamkeit des „Ausschließlich auf uns geworfen seins“ erkennen und leben müssen. Und sich daraus möglicherweise immer wieder ein neues „Warum?“ vor uns und um uns herum auftut.

 

Eigentlich richtet sich unser Fragen und Klagen gegen den verborgenen GOTT, der sich in SEINER Unverfügbarkeit der Beliebigkeit unseres Zugriffs entzogen hat. Aus gutem Grund. Denn, um es mit Eliezer Berkovitz, einem führenden Rabbiner der Nachkriegszeit in Deutschland, Amerika und Australien zusammenfassend zu sagen, hat „GOTTES Gesichtverhüllung, SEIN Schweigen SEINE eigen göttliche Sichtweise. Nicht um den Menschen zu bestrafen (dies manchmal auch), sondern (vor allem), um ihm Freiheit zu ermöglichen, überhaupt Mensch sein zu können.“ Etwas, was wir vielleicht gerade durch diese Krise, in der wir derzeit leben, wieder neu lernen können. Mensch sein. Solidarisch miteinander. Mensch sein vor GOTT. Als SEIN Geschöpf. Nicht als die Herrscher der Welt.

 

Und ich denke, genau dies ist der Hintergrund der „Warum – Frage“, die GOTT in unserem Predigttext an uns richtet. Deren wir eventuell nur bei genauem Hinhören in ihrer Ausrichtung gewahr werden: Warum fragst Du Jakob, du Israel nach einem Warum und sagst: Mein Weg ist dem HERR verborgen…? Und ER lädt uns damals wie heute zu einem Blickwechsel ein: Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen?… Und ER, der all dies geschaffen hat, wird nicht müde und matt…“.

 

Wie oft ist unser Blick auf den Boden, den nächsten Schritt, das nächste Hindernis, auf die engen Grenzen eines Grabes verhaftet. Ohne alles andere wahrzunehmen sitzen wir voller Panik wie das Kaninchen vor der Schlange. Wir sehen die Katastrophe, ohne wahrzunehmen, dass sich uns schon lange eine Hand zur Rettung ausgestreckt hat. Darum bete ich gerne auf Beerdigungen: „Gib den Trost, der nötig ist, um unseren Blick zu heben. Weg von den engen Grenzen eines Grabes. Hinein in den Aufgang eines je eigenen Ostermorgens, in dessen Sonnenaufgang wir DEINEM leeren Grab nahekommen, es wahrnehmen dürfen.“

Hebt Eure Augen und seht! Über Euch das weite Blau des Himmels. Über Euch die Vielzahl der Sterne. Sie bestimmen nicht Euer Schicksal. Und nicht wirklich könnt ihr Euer Leben nach ihnen ausrichten, es von ihnen bestimmen lassen. Auch wenn mancher einer daran glauben möchte und daran festhält. Aber: ICH habe sie geschaffen. Und ich kenne all ihre Namen. Ja, auch Deinen! So wie es in einem wunderschönen alten „Kinderlied“ heißt: „Weißt du wieviel Kinder frühe stehn aus ihren Bettlein auf, dass sie ohne Sorg und Mühe fröhlich sind im Tageslauf? Gott im Himmel hat an allen seine Lust, sein Wohlgefallen, kennt auch dich und hat dich lieb. Kennt auch dich und hat dich lieb.“ (EG 511) Singen Sie es vielleicht nachher einmal. Vielleicht unterstützt vom Internet, oder einer alten CD. Und entdecken Sie, wie beim Singen Ihre Fragen, Ihre Sorgen, Zweifel und Ängste weniger werden. Und sich automatisch Ihr Blick mehr und mehr himmelwärts wendet. Und nach und nach geht dann vielleicht die Furcht in Ehrfurcht über und in Dank, denn „ER kannte mich, bevor ER mich bereitet im Mutterleib.“ „Er rief mich mit Namen. SEIN bin ich.“  Und ER wird bei mir sein alle Tage, bis ans Ende der Welt, das nicht erreicht sein wird, solange immer wieder neu SEIN Regenbogen, das Zeichen SEINER Gegenwart, auch in jeder Krise, am Himmel zu sehen ist. Und mein Herz mit seinen bunten Farben zum Leuchten bringt. Darum dürfen auch wir darauf hoffen, dass uns Flügel verliehen werden. Uns über alles Leid zu erheben, ohne die Leidenden außer Acht zu lassen. Darum dürfen auch wir darauf hoffen Kraft zu haben, zu laufen, ohne matt und müde zu werden. Und uns getröstet voller Mut den Herausforderungen zu stellen, die diese Zeit an uns richtet. In der Gewissheit, nicht allein gelassen zu sein. Auch wenn es manchmal anders scheinen mag.                                                                              Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

2) Jesus, er mein Heiland, lebt; ich werd auch das Leben schauen,
sein, wo mein Erlöser schwebt. Warum sollte mir denn grauen?
Lässet auch ein Haupt sein Glied, welches es nicht nach sich zieht?

3) Ich bin durch der Hoffnung Band zu genau mit ihm verbunden,
meine starke Glaubenshand wird in ihn gelegt befunden,
dass mich auch kein Todesbann ewig von ihm trennen kann.

 

Alles, was uns bewegt: Das Frohe, für das wir dankbar sind, die Sorgen, Ängste und Nöte, die unseren Blick gesenkt halten, die Trauer und Traurigkeit, die unseren Blick durch Tränen verschleiert, das im Miteinander Gelungen, wie auch das, was wir einander schuldig geblieben sind, bringen wir vor GOTT mit den Worten, mit denen schon sein Sohn gebetet hat. Und in denen alle Bedürfnisse unseres Lebens aufgehoben und ausgesprochen sind:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name, Dein Reich komme, Dein Wille, geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit. In Ewigkeit. Amen.

Der Herr segne uns und behüte uns, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und schenke uns seinen Frieden. Amen.

Bleiben Sie gesund und Gott befohlen, bis wir uns hoffentlich bald persönlich begegnen. Ihr Emanuel Behnert.

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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