Vom Lernprozess der Quanten-Physik, Rezension, Christoph Fleischer, Welver 2019


Zu: Lars Jaeger: Die zweite Quantenrevolution, Vom Spuk im Mikrokosmos zu neuen Supertechnologien, Springer Verlag Deutschland, Berlin 2018, 561 Seiten, ISBN (print): 978-3-662-57518-5, Preis: 22,98 Euro

Zunächst eine Vorbemerkung: Als ich mein naturwissenschaftliches Abitur gemacht habe, führte mich mein Weg zur Theologie. Es kam mir wie ein Themenwechsel vor. Dass gerade darin eine Verbindung liegen könnte, hätte ich damals nicht gedacht.

Gerade diese Verbindung zwischen Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft taucht in der Diskussion um die Quantenphysik immer mal wieder auf und wird von Lars Jaeger aufgegriffen. Es geht ihm um die nötige Versachlichung dieser Wahrnehmung, aber auch darum, sie nicht missbräuchlich zu verwenden. 

Interessant sind diese Querverbindungen zur Philosophie, die aber nicht mit „Quantenesoterik“ oder einem „Tao der Physik“ verwechselt werden dürfen. Diese Interpretationen werden als Versuche gewertet, die Quantenphysik zu vereinnahmen. 

Anders geht es der Frage nach dem Sein in Religion und Philosophie, wie etwa ein Diskurs über das Denken der Buddhismus im Vergleich mit den Erkenntnissen der Quantenphysik verdeutlicht.

Der Autor Lars Jaeger (Supermacht Wissenschaft, 2017) schildert im Buch die geschichtliche Entwicklung der modernen Physik wie einen fortlaufenden Krimi. Manche Namen sind bekannt: Einstein, Bohr, Schrödinger, Heisenberg und andere. 

Doch wer oder was war „Schrödingers Katze“? Kein Tierversuch, sondern ein logischer Beweis quantenphysikalischer Regeln. Leider stirbt die Katze, wenn das Gedanken-Experiment geklappt hat. 

Es geht nach Lars Jaeger in der Quantenphysik nicht in erster Linie um ein Verständnis für Astronomie, was für mich persönlich immer eine Assoziation zur Relativitätstheorie war, sondern um eine Erfahrungswelt im Mikrobereich, in der die Regeln der Newtonschen Physik, von der Schwerkraft dominiert, nicht gelten.

Es gibt demnach zwei völlig verschiedene Welten der Physik, die Welt der vordergründig erlebbaren Phänomene und die Welt der kleinsten Teilchen, die dennoch über die technischen Erfindungen mehr und mehr relevant werden.

Wissenschaftlichen Erkenntnisse werden dargelegt, aber auch Machtspiele und Intrigen der Wissenschaftler, deren Ergebnisse nicht immer deckungsgleich waren oder Aspekte ausblendete. Nebenbei ist das Buch ein Who-is-Who der Nobelpreisträger.

Das größte Problem der Physik ist trotz aller erheblichen Fortschritte noch nicht gelöst, wird aber als lösbar angesehen. Es ist die Frage des Übergangs zwischen Mikro- und Makrophysik, der vor allem für Fortschritte in der Computertechnologie, aber auch jede Art von Anwendung nötig ist. Da die Regeln der Mikro- und Makrowelt völlig verschieden sind, muss es zu einer technisch-praktischen Anwendung eine Brücke zwischen diesen physikalischen Welten geben. Für mich war es aber wichtig zu lesen, dass die Ergebnisse der Quantenphysik meistens durch Experimente bewiesen werden konnte, wenn auch zum Teil erst Jahre später.

Überraschend war, dass auch die Genetik zu den Ergebnissen der Quantenphysik gehört. Wenn damit die weitere Entwicklung unter Einbeziehung der Biologie denkbar ist, wird es zugleich spannend wie gefährlich, wenn man z. B. an die Veränderung des Erbguts und andere Manipulationen denkt. 

Die Entwicklung der Physik wird immer auch zu einer ethischen Frage danach, ob der Fortschritt ein heilvoller Weg sein wird. Mir scheint aber auch nach der Lektüre des Buches eine reine Ablehnung des Fortschrittsglaubens doch zu kurz zu greifen.

Die ethische Frage wird im Epilog narrativ in einer Science-Fiction-Vision für das Jahr 2050 dargelegt. Es kommt die künstliche Intelligenz in den Blick, die von der Frage der Quantenphysik gar nicht weit entfernt ist. So ist der Schluss des Buches letztlich offen und wirft neue Fragen auf.

Die historisch strukturierte Darstellung der Entwicklung ist auf Zukunft hin angelegt. Es gibt Probleme, Umwege, Rätsel und Fragen. Doch von einem Scheitern der Wissenschaft kann keine Rede sein. Das Konzept der Verantwortung ist allerdings von der Wissenschaft selbst nicht mehr zu trennen.

Vom Durst – Jahreslosung 2018, Rezension, Christoph Fleischer, Welver 2017

Zu: Martina Walter (Hg.) / Martin Werth (Hg.): Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst (Offenbarung 21,6), Die Jahreslosung 2018 – Ein Arbeitsbuch mit Auslegungen und Impulsen für die Praxis, Neukirchener Verlag 2017, Softcover, ISBN: 9783761564615, Preis: 9,90 Euro

(C) Inge Heinicke-Baldauf

Vermutlich hat sich das Erscheinen des Standardbuches im Neukirchener Verlag verspätet. Das wäre auch verständlich, weil der bisherige Autor und Herausgeber Burkhard Weber vor einem Jahr gestorben ist.

Das Konzept des Buches trägt noch deutlich seine Handschrift, der Aufbau und die Praxisorientierung. Das Buch ist keinesfalls allein ein Predigtband über die Jahreslosung, sondern hat durchaus diverse Anwendungen in volkskirchlichen und freieren Formen der Verkündigung im Blick. „Vom Durst – Jahreslosung 2018, Rezension, Christoph Fleischer, Welver 2017“ weiterlesen

Was ist Leben? Lars Jaeger, Zürich 2017

„Origin“ – Dan Browns neuester Thriller und die Grenzen des Naturalismus

Von Lars Jaeger

Anmerkung: Lars Jaeger bezieht sich auf folgendes Buch: Dan Brown, Origin, Thriller, Aus dem Amerikanischen von Axel Merz, Bastei Lübbe, Köln 2017, 28 Euro.

Dan Browns neuestes Buch Origin bewegt wieder einmal die Gemüter. Auch diesmal wagt sich der gefeierte amerikanische Thriller-Autor weit hinaus auf die Äste populärwissenschaftlicher Spekulation. Dieses Mal geht um die Entstehung des Lebens auf der Erde. Darunter macht es Brown nicht mehr. In einem wie üblich etwas weit hergeholten Plot jagt der Protagonist Robert Langdon hinter dem profunden Geheimnis seines ermordeten Freundes, eines Computer-Genies, her, das dieser sensationellerweise aufgedeckt haben soll: Eine unumstössliche Erklärung, wie das Leben auf unserem Planeten entstanden ist. Aber Brown beschäftigt sich mit mehr als nur einem existentiellen Rätsel: Auch wie sich das irdische Leben in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird, will der ermordete Protagonist Edmond Kirsch herausgefunden haben. Dazu lässt Brown seinen Protagonisten Kirsch ein Super-Genie sein, der es vor allen anderen – also auch vor Google, Microsoft und IBM – geschafft hat, einen Quantencomputer zu bauen und eine eigenständige künstliche Intelligenz zu erschaffen. „Was ist Leben? Lars Jaeger, Zürich 2017“ weiterlesen

Skepsis und Verantwortung, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

Zu: Scheidewege, Jahresschrift für skeptisches Denken, Herausgegeben von der Max Himmelheber-Stiftung, Jahrgang 43, 2013/2014, S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 2013, 412 Seiten, ISBN 978-3-7776-2363-4, Preis: 36,90 Euro, im Abo 32,50 Euro zuzüglich je 3,90 Euro Versandkosten, Homepage mit der Übersicht über lieferbare Ausgaben und deren Inhalt: www.scheidewege.de

Scheidewege CoverDie Jahresschrift Scheidewege, die im Verlag S. Hirzel erscheint, ist ein Forum für zeitgenössische Philosophie, die sich in der Bearbeitung verschiedener gesellschaftlicher Fragen äußert.

„Scheidewege“ ist ein interessantes Projekt, dass der Vermittlung von Theorie und Praxis dienen kann und den Stand der aktuellen und zeitgenössischen Diskussion aufzeigt. Die fehlende thematische Vorgabe ist Vorteil und Nachteil zugleich, denn eine inhaltliche Strukturierung hätte gewiss redaktionelle Vorteile. Das Projekt „Scheidewege“ hingegen gibt sie bewusst nicht vor und bleibt damit dem skeptischen Ansatz verbunden. „Skeptisches Denken erbringt Einwände und Einsichten, die nicht immer Weg und Ziel, aber doch eine Richtung anzeigen.“ (Umschlag)

Die Skepsis, die im Bereich von Soziologie und Philosophie um sich greift, ist kein Grund zu Lethargie und Passivität, eher im Gegenteil. Nicht blinder Fortschrittsfanatismus, sondern Verantwortungsethik um der Zukunft willen ist angebracht.

„Das Gestern ist nicht zu wiederholen, aber das Morgen kann auch nicht einfach eine verbesserte Form des Heute sein. In die Tradition zu retirieren ist so aussichtslos wie die Hoffnung, daß dem Fortschritt, so wie er zur Zeit betrieben wird, ein zweckmäßiger Mechanismus der Selbstregulierung innewohne, der letztlich alles zum Guten wende.“ (Umschlag)

„Skepsis und Verantwortung, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015“ weiterlesen