Kirchen im Wandel in Zürich, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2020

Zu:

Yves Baer, Francois G. Baer: Die Zürcher Altstadtkirchen, Eine Stadtgeschichte entlang der Sakralbauten, NZZ Libro im Schwabe Verlag, Basel 2019, gebunden in flexiblem Einband, farbig illustriert, ISBN: 978-3-03810-438-4, Preis: 34,00 Euro

Link: https://www.nzz-libro.ch/zuercher-altstadtkirchen-stadtgeschichte-entlang-der-sakralbauten#media

Der Zürcher Stadtführer ist so gestaltet, dass er bei der Stadtbesichtigung mitgeführt werden kann. Der Schwerpunkt liegt bei der Stadtgeschichte, die fortlaufend gelesen werden kann. Die Entstehung der Zürcher Kirchen ist von der Stadtgeschichte nicht zu trennen.

So war der Zürcher Reformator Ulrich (Huldrych) Zwingli ein Mitglied des am Grossmünster tätigen Stifts. 1517 wurde er zum Leutpriester gewählt und war für die Seelsorge des einfachen Volkes zuständig. In diesem Jahr führte er per Abstimmung im Stift die Reformation ein, die zuerst auch von Luther geprägt war, dann aber eigene Wege ging.

Selbstverständlich ist das Buch immer auch als kunsthistorischer Führer gedacht, bevor er auf Kunstdenkmale eingeht und auf historisch interessante Details.

So lässt sich das Buch, wie vom Untertitel versprochen, als Stadtgeschichte lesen, die die geographischen und frühhistorischen Besonderheiten der Stadt nicht auslässt.

Ein besonderer Aspekt ließ mich zu diesem Buch greifen, und zwar nicht nur die Baugeschichte der Kirchen, sondern die Geschichte ihrer Umnutzung. Durch den besonderen Schwerpunkt der reformierten Kirche waren Kirchen nicht nur als Sakralbau gefragt, sondern mehr als als repräsentative Gebäude. Christoph Sigrist, Pfarrer am Grossmünster schreibt im Vorwort: „Wäre es ihnen in den Sinn gekommen, dass die Altstadtkirchen in Zürich im Verlauf der Jahrhunderte zu Lagerstätten für Kartoffeln, Bücher und Geld, zu Spitälern und Stadtkirchen wurden? Hätten sie gedacht, dass das reformierte Grossmünster im 19. Jahrhundert die damalige Tagsatzung der Eidgenossenschaft beherbergte und so zum Nationalsaal der Schweiz wurde? Die Stadtgeschichte entlang der Kirchen entpuppt sich als wahrer Krimi mit sakralen Noten.“ (S. 9)

Ein Hinweis: Bei allem Interesse für die stadtgeschichtlich und bauhistorisch bedeutenden alten Kirchen Wasserkirche, Fraumünster, Predigerkirche, Grossmünster sollte man auch die Notizen zu der erst 1894 erbauten katholischen Liebfrauenkirche zur Kenntnis nehmen. Das Gebäude sticht aus dem Ensemble der umgebenden Häuser heraus, weil es auf einer Terrasse erbaut wurde. Dazu hat es die Gestalt einer frühromanischen Basilika nach italienischem Muster. Der Campanile, ein Treppenturm im italienischen Stil ist gut sichtbar und erinnert so an die Verbindung Zürichs mit Rom und Italien.

Eine einzige Kritik an Buch wäre vielleicht doch angebracht, und zwar ist durch die Fülle an Bildern und Informationen an einigen Stellen die Schrift zu klein geraten, worunter die Übersicht manchmal etwas leidet. Aber die Vielzahl der Bilder und Karten ist schon eindrucksvoll.

Notizen zu Walter Benjamin, Christoph Fleischer, Welver 2019

Zuerst muss ich zugeben, dass mir Walter Benjamin ein unbeschriebenes Blatt war. Mir war der Name bekannt als Vertreter der Frankfurter Schule, hatte aber weder in der Schulzeit noch später im Studium und danach etwas von ihm gelesen. Erst als zu Beginn meiner Rezensionstätigkeit zunächst für das Deutsche Pfarrerblatt und danach für meine Homepage www.der-schwache-glaube.de das Buch „Kapitalismus als Religion“ auftauchte, kam dieser näher in den Blick. (https://www.kulturverlag-kadmos.de/buch/kapitalismus-als-religion.html).

-Walter Benjamin intorno al 1928 –Walter Benjamin Archiv, Akademie der Künste, Berlin; Info: https://www.globalrights.info/2016/09/on-a-day-this-week-walter-benjamin/

Dieses Buch enthält das genannte Fragment von Walter Benjamin und einige Artikel zur Diskussion seiner Thesen. 

Markus Chmielorz, seit dieser Zeit Mitarbeiter an der Homepage (s.o.), mit dem Interesse, Philosophie und Religion miteinander ins Gespräch zu bringen, hat Walter Benjamin immer wieder ins Gespräch gebracht, so durch einen Reiseeindruck des katalanischen Port-Bou, des Todesorts Benjamins, der auf seiner Flucht in die USA dort zurückgewiesen worden ist und zurück ins besetzte Frankreich hätte fahren müssen. „Notizen zu Walter Benjamin, Christoph Fleischer, Welver 2019“ weiterlesen

Verständliches Hörbuch über Luther, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Zu: Von Martin Luthers Wittenberger Thesen, Von Meike Roth-Beck, vorgelesen von Peter Kaempfe, 1 CD, Laufzeit 50 Minuten, Mit Originaltexten und Liedern von Martin Luther, Texte im Beiheft, Verlag Hörcompany, Hamburg 2016, ISBN: 978-3-945709-38-2, Preis: 12,95 Euro

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Die Vorlage für dieses Hörbuch ist im Kindermann-Verlag erschienen und wurde von mir im letzten Jahr rezensiert: http://www.der-schwache-glaube.de/2015/10/27/luthers-reformation-kindern-erzaehlt-rezension-von-christoph-fleischer-welver-2015/

Die Autorin Meike Roth-Beck erzählt die Geschichte Martin Luthers kindgerecht und leite von daher auf die Thesen Martin Luthers über. Diese Thesen verdeutlichen seine damalige Situation und gleichzeitig wird deutlich, was daran reformatorisch war. „Verständliches Hörbuch über Luther, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016“ weiterlesen

Papst antwortet den Kindern, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Zu: Lieber Papst Franziskus, Der Papst antwortet auf Briefe von Kindern aus aller Welt, Von Papst Franziskus und den Kindern dieser Welt in Zusammenarbeit mit Antonio Spadaro SJ, aus dem Englischen von Elisabeth Liebl, Kösel Verlag, München 2016, Bilderbuchformat, ISBN 978-3-466-37180-8, Preis: 16,99 Euro

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Ganz ohne lange Vorrede beginnt das Buch auf Seite 6/7 mit der Dokumentation eines Kinderbriefs links und der Antwort des Papstes rechts. Dieses Format wird beibehalten, so dass jedem Kind eine Doppelseite gehört. Auf der linken Seite ist je eine schmale Spalte mit dem Foto des jeweiligen Kindes, einige Informationen dazu wie Name und Herkunftsland und der deutsche Text des Briefes in Druckschrift. Den größeren Teil der linken Seite nimmt der Brief des Kindes ein, einfach in Kopie in der originalen Sprache und Handschrift sowie der handgemalten Bilder. Die Kinderbriefe kommen aus Portugal, Kenia, der Dominikanischen Republik, Kanada, Großbritannien, den Niederlanden, China, Albanien, Peru, Belgien, Argentinien, den Philippinen, den USA, Syrien, Irland, Nicaragua, Brasilien, Australien, Simbabwe, Indien, Singapur, Polen, Nigeria und Russland.  „Papst antwortet den Kindern, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016“ weiterlesen

Lebendige Sozialgeschichte des Reformationszeitalters, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Zu: Bruno Preisendörfer: Als unser Deutsch erfunden wurde, Reise in die Lutherzeit, Verlag Galiani Berlin, bei Kiepenheuer und Witsch, Köln 2016, ISBN 9783869711263, gebunden, 472 Seiten, Preis: 24,99 Euro (print)

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Bruno Preisendörfer (geb. 1957) ist freischaffender Publizist und Schriftsteller (z.B.: „Die Schutzbefohlenen“ Psychosozialverlag und „Hat Gott noch eine Zukunft“, S. Hirzel Verlag, beide 2013). Eine vergleichbare Zeitreise erschien von ihm 2015 ebenfalls bei Galiani, Berlin: „Als Deutschland noch nicht Deutschland war, Reise in die Goethezeit“. Die vorliegende Studie über das 16. Jahrhundert bezeichnet diese Zeit bewusst als die „Lutherzeit“. Als Aufhänger dient die Prägung oder Bildung der deutschen Hochsprache durch die Bibelübersetzung: „Luthers Sprache, heute als Frühneuhochdeutsch bezeichnet, hat trotz der von ihm herausgestellten Orientierung an der Redeweise des ‚gemeinen Mannes’ mehr mit dem Schriftdeutsch in den Kanzleien zu tun als mit dem Volksmaul auf den Marktplätzen.“ (S. 44). Dieser Satz ist einfach ganz typisch für das Buch von Bruno Preisendörfer, in dem zwar in fast jedem Kapitel der Name Martin Luther vorkommt, aber höchst selten in dem Zusammenhang, der in Kirche und Theologie unter Reformation verstanden wird. Es wird hingegen deutlich, dass das 16. Jahrhundert eine ungeheure Umbruchszeit war, in technischer, wissenschaftlicher, kultureller und ökonomischer Hinsicht. Es gab Fürsten und Raubritter. Das Geld eroberte den Alltag bis in die Kirche hinein. Technische Innovationen gaben dem aufstrebenden Bergbau einen starken Antrieb. Die Neuverteilung von Reichtum und Armut durch die Tauschmittelwährung gaben den Nährboden für soziale Revolten ab. Krankheiten und Unwetter taten das Übrige. Der Bauernkrieg lag in der Luft, genauso wie die Reformation. Und trotzdem gab es den Teufelsglauben und die Hexenverfolgung. Bruno Preisendörfer lässt Geschichte wie Alltagsleben gleichermaßen vor dem inneren Auge erscheinen und lässt dabei auch den „Haushalt der Katharina von Bora“ nicht aus. Ernährung, Kleidung, Sexualität, Leiblichkeit, Krankheit und Tod sind die Themen des Alltags, die die Reformationszeit ebenso geprägt haben wie Theologie und Politik. „Lebendige Sozialgeschichte des Reformationszeitalters, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016“ weiterlesen