Chef und Organisation, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2019

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Niklas Luhmann: Der neue Chef, Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Jürgen Kaube, Suhrkamp Verlag, Berlin 2016, gebunden im Taschenformat, 120 Seiten, ISBN: 978-3-518-58682-2, Preis: 10,00 Euro

Link: https://www.suhrkamp.de/buecher/der_neue_chef-niklas_luhmann_58682.html

 

 

Als ich mich in die Bloggerliste des Suhrkamp-Verlages eintragen ließ, erhielt ich eine Liste von Titeln, aus denen ich einen auswählen konnte.

Als ich den Band von Niklas Luhmann in Händen hielt, staunte ich nicht schlecht, dass diese posthum erschienene Schrift bereits im Jahr 2016 erschienen ist. Das Buch selbst ist als Lesexemplar gekennzeichnet, Sperrfrist: 05. März 2016. Wieso gibt es drei Jahre nach Erscheinen noch Leseexemplare? Positive gewendet schließe ich daraus: Bücher von Niklas Luhmann werden nicht alt.

Obwohl das Buch von Niklas Luhmann also im Doppelsinn keine Neuerscheinung ist, da es posthum herausgegeben aus älteren Schriften Luhmanns besteht, habe ich mich entschieden, es kurz zu referieren, da ich angenommen habe, dass die Textauswahl einen prägnanten Einblick in das Denken von Niklas Luhmann (1927 – 1988) geben könnte.

Die drei Aufsätze sind der betrieblichen Organisation gewidmet und beschäftigen sich mit Leitung, Organisation, Hierarchie und so indirekt auch mit (Personal-)Management. Man kann bei der Lektüre dieser Texte den Eindruck gewinnen, dass und wie sich die Verhältnisse in Betrieben, Organisationen oder einer Verwaltung bis heute wesentlich geändert haben. Mir persönlich fällt auf, dass ich den Begriff des oder der Vorgesetzten akzeptiere, aber den Begriff des oder der Untergebenen für antiquiert und überholt halte, weil er mich an eine Befehlsstruktur erinnert.

Wegweisend dürfte überhaupt der Begriff der Organisation sein, an dem sich auch der Unterschied zwischen betriebswirtschaftlichem und soziologischem Denken ablesen lässt. Während die Soziologie einen Betrieb als Organisation betrachtet, sieht die Betriebswirtschaftslehre darin eine Institution der Erzeugung oder Verwaltung von Gütern oder Dienstleistungen. (Auch Kirche ist so gesehen ein Betrieb, oder besteht aus einzelnen Betrieben. d. Rez.). Umgang mit dem für Niklas Luhmann typischen Systembegriff scheint eine Referenz zu Karl Marx vorzuliegen, der bereits auf das Vorliegen von „Systembedingungen des Handelns hingewiesen“ hat (S. 22).

Diese Systembedingungen werden nun am Beispiel des Leitungswechsels verdeutlicht. Die Eröffnung einer neuen Zukunft durch den Amtswechsel erleichtert den Neubeginn für alle Beteiligten.

Die Berufung eines neuen Chefs von außen hat andere Konsequenzen als die eines intern eingebundenen. Für beide gilt es aber zugleich, an die Vorgängerin, den Vorgänger anzuknüpfen und aus seinem Schatten herauszutreten. Weiterhin werden einige Handlungsmodelle diskutiert und daraus Konsequenzen für die Organisationsforschung erläutert.

Der zweite Aufsatz schildert die Vorgänge der Organisationsbildung in einer Verwaltung. Dazu gehören vor allem Handlungen und Kommunikation. Wichtig ist die Betrachtung der Organisation als Aufbau von Kleingruppen, sowohl der offiziellen Abteilungen als auch der informellen Gruppen.

Im Bereich der persönlichen Qualifikation kommt es auf Spontaneität, Konsens – und Kontaktbildung sowie diverse persönliche Eigenschaften an.

Das sind dann auch zugleich die Elemente der Organisation. Hier kommen jetzt auch die Elemente einer Gruppe ins Blickfeld wie Zugehörigkeit, Führung, Außenverkehr und Kontrolle. Zusätzlich zur klaren Struktur gibt es auch eine spontane Ordnung und keine klare Festlegung von Aufgaben. Konflikte werden hierbei unsichtbar geklärt, die persönliche Anpassung erleichtert.

 

Der dritte, bislang unveröffentlichte Artikel geht auf die Perspektive der „Untergebenen“ im Verhältnis zu den Vorgesetzten ein. Hilfreich für diese ist es, sich vom „strukturbedingenten Eindruck (zu) distanzieren“ und sich die „Vorgesetzten ohne Kleider vorzustellen“ (S. 93).

Betriebsangehörige definieren die Ziele ihrer Selbstdarstellung und entwickeln „Strategien der Entscheidungsbeeinflussung“ (S. 94).

Man darf sich laut Luhmann die Macht nicht nur auf der einen Seite der Hierarchie denken, also oben: „Die Macht im System ist […] durch das Hierarchiesystem noch nicht eindeutig verteilt.“ (S. 96). Daraus folgt, dass Konflikte das gesamte System stören und die Macht besser kooperativ ausgeübt wird.

 

Vielleicht waren die Erkenntnisse Niklas Luhmanns vor 50 Jahren noch Zukunftsmusik. Es ist sicherlich auch sein Verdienst, dass durch ihn die Arbeit der Soziologie an Organisationen in der Betriebswirtschaftslehre angekommen ist. Das Nachwort von Jürgen Kaube stellt eine ähnliche Zusammenfassung wie diese in den Kontext der Arbeiten Niklas Luhmanns.

Als Fazit könnte man formulieren, dass die Organisationstheorie Luhmanns bis heute wegweisend ist und vertiefend studiert werden sollte.

Glosse zum Dortmunder Kirchentag 2019, Niklas Fleischer, Dortmund 2019

Als Teilnehmer des Kirchentages 2019 in Dortmund habe ich ein großartiges und buntes Fest erlebt.

Der öffentliche Nahverkehr war mit der Dezentralität der Veranstaltungsorte zwar etwas überfordert, im Großen und Ganzen hat die Organisationsarbeit für mich aber gut funktioniert. Vom Mittwoch den 19.07. bis zum Sonntag den 23.07. war es somit rund 100000 Besuchern möglich, ein friedliches Fest zu feiern.

Dennoch habe ich nach dem Kirchentag im Rückblick einige Zweifel an Themen, die sich für mich wie ein roter Faden durch den Kirchentag gezogen haben (inklusive Eröffnungs- und Abschlussgottesdienst).

Ich formuliere Punkte bewusst ironisch überspitzt:

„Wir verdammen AfD-Politiker und -Wähler und möchten uns nicht näher mit ihnen auseinandersetzen.“

„Wir möchten uns nur in unserer eigenen Meinung bestärken, alles andere soll bitte vor der Tür bleiben!“

Auch Wirtschaftsmigration und Flucht war ein großes Thema, auf das ich im folgenden Text aber nicht weiter eingehen möchte, da dies den Rahmen dieser kurzen Glosse sprengen würde. „Glosse zum Dortmunder Kirchentag 2019, Niklas Fleischer, Dortmund 2019“ weiterlesen

Kirche wertschätzend von außen gesehen. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2013

Zu: Eberhard Hauschild, Uta Pohl-Patalong: Kirche, Lehrbuch Praktische Theologie, Band 4, Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 2013, ISBN 978-3-579-05990-7, Preis: 29,99 Euro

Kirche von Uta Pohl-PatalongTheologinnen und Theologen als Kirchenmitglieder, manche von ihnen sogar als ordinierte Pastorinnen und Pastoren, arbeiten als Hochschulangehörige und veröffentlichen aus der Sicht einer staatlich verantworteten Lehre an der Universität. Ihr Blick von außen ist für die Kirche wertvoll, da er erstens wertschätzend und aktuell, andererseits aber auch analytisch und konstruktiv-kritisch ist. Die Arbeit des Autorenteams Hauschild und Pohl-Patalong, das den gesamten Text des Buches gemeinsam verantwortet, ist ein Neuentwurf der praktisch-theologischen Bearbeitung des Themas „Kirche“. Diesen Entwurf müsste man in Aufnahme eines Ausdrucks von William James (1842–1910) als pragmatisch bezeichnen.

„Kirche wertschätzend von außen gesehen. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2013“ weiterlesen