Aufsatz von Gerd Theissen zur Sozialgeschichte des Urchristentums

Da mich in letzter Zeit die Parallele zwischen Judentum und frühem Christentum im ersten Jahrhundert interessiert und in der Predigtvorbereitung ein Text dazu eine Rolle spielte, habe ich den hier dokumentierten Aufsatz von Gerd Theissen gelesen.

Der Aufsatz dazu von Gerd Theissen ist überschrieben: „Wir haben alles verlassen.“

Link dazu: Theißen – Wir haben alles verlassen (Mc. X. 28) (Studien zur Soziologie des Urchristentums)

Der Bibeltext dazu kommt gar nicht direkt im Aufsatz vor, aber wer ihn aufmerksam liest, wird schon einige Fakten dazu finden. Der erste Vers lautet: „Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ (Matthäus 10, 34)

 

 

 

 

Im weiteren Kontext geht es dabei hauptsächlich um Auseinandersetzungen mit Verwandten. Die Entscheidung für Christus führt also evtl. zu Konflikten. Aber eine andere Frage ist, ob nicht der Vers auch der Rest einer Verkündigung Jesu sein könnte, die gar nicht so pazifistisch war, wie wir es uns immer denken. Zu Jesu Jüngern gehörten sogar Zeloten und ein Sikarier, ein Dolchträger, wenn man den Beinamen von Judas Iskariot so deuten kann.

Der Aufsatz ist erschienen in: Gerd Theißen: Studien zur Soziologie des Urchristentums, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1979, 1989 (3. erweiterte Auflage) ISBN: 3-16-145449-9 (Gewebe), Erstveröffentlichung in: Novum Testamentum 19, 1977, S. 161 – 196

Mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlags Mohr Siebeck Tübingen. Vielen Dank!

 

Resilienz in der Theologie? Rezension, Christoph Fleischer 2017

Zu:

Cornelia Richter (Hrsg.): Ohnmacht und Angst aushalten, Kritik der Resilienz in Theologie und Philosophie, Reihe: Religion und Gesundheit, Hrsg. Von Dietrich Korsch, Cornelia Richter u.a., Band 1, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2017, ISBN-Print: 978-3-17-031139-8, Preis: 30,00 Euro

Dieser Aufsatzband ist der erste Band der neu begründeten Reihe „Religion und Gesundheit“. Die Herausgeberin dieses Bandes, Cornelia Richter, ist Professorin für systematische Theologie in Bonn. Die hier vertretenen Autorinnen und Autoren sind meist Vertreterinnen und Vertreter des gleichen Fachgebiets, dazu kommen vier aus dem Bereich Philosophie und einer aus dem Bereich Exegese. „Resilienz in der Theologie? Rezension, Christoph Fleischer 2017“ weiterlesen

Täufer-Käfige am Lambertiturm Münster, Pressemitteilung

Foto: Alte Postkarte

Alle abhängen oder einen vierten hinzufügen? Lebhafte Diskussion um die Eisenkörbe am Lambertikirchturm
Kaum ein Thema, zu dem nicht fast jede Münsteranerin und jeder Münsteraner etwas zu sagen hat: Die „Käfige“ – oder eigentlich Eisenkörbe -, in denen die Leichen der drei grausam gefolterten  Täufer-Anführer am Lambertikirchturm 1535 der Öffentlichkeit zur Schau gestellt wurden. Noch heute hängen sie dort. Für die einen ein Sieges- und Warnzeichen. Oder ein Mahnmal. Für andere ein Kunstwerk. In jedem Fall eine viel bestaunte touristische Attraktion. Diese Betrachtungsweisen standen anlässlich der „Dialoge zum Frieden“ in einer Podiumsveranstaltung im Rathausfestsaal zur Diskussion. Das Interesse war groß, wie sich auch in der engagierten Diskussion mit dem Publikum zeigte, moderiert von Gisela Steinhauer (WDR).

Nach der Einleitung durch Prof. Alfons Kenkmann, den Leiter des Arbeitskreises „1648 – Dialoge zum Frieden“ gab Prof. Franz-Josef Jakobi eine fachhistorische Einführung zur Einordnung der Täuferherrschaft – als Radikalisierung einer „bürgerschaftlichen Emanzipationsbewegung“ gegenüber dem bischöflichen Landesherrn.

Für den heutigen Umgang mit dem historischen Relikt der Körbe skizzierte er drei Optionen: 1. Man lässt alles so, wie es ist, und überlässt es dem Betrachter, seine eigene Einstellung dazu zu finden. 2. Man hängt die Körbe ab, weil sie als grausames Siegeszeichen die Verdammung eines Teils der reformatorischen Bewegung symbolisieren. Im Stadtmuseum könnten sie dann als historisches Zeugnis fachlich kommentiert und eingeordnet werden. 3. Man belässt sie als Teil des münsterschen Geschichtserbes an ihrem Ort, installiert aber auf dem Lambertikirchplatz ein Informationsangebot, das – in zeitgemäßer Medientechnik – die historischen Hintergründe der Körbe und des Umgangs mit ihnen erläutert.

Auf dem Podium entspann sich ein buntes Geflecht unterschiedlicher Perspektiven. Die Münsteraner sollten doch ein wenig über den Tellerrand schauen, schließlich sei die Täuferbewegung in ihren unterschiedlichen Fortsetzungen und Verästelungen alles andere als ein lokalhistorisches Phänomen – und zwar bis heute. Das forderte Dr. Astrid von Schlachta, Leiterin der Historischen Forschungsstelle der Mennoniten, einer ebenfalls täuferischen, aber strikt gewaltfreien Religionsgemeinschaft.

Für Markus Müller, Berliner Kurator mit münsterschen Wurzeln und internationaler Vernetzung, stellte sich die Frage der Historizität nur noch bedingt. Spätestens seit den Skulptur Projekten 1987 mit der Installation „Drei Irrlichter“ von Lothar Baumgarten seien die KäfigeTeil höchst aktueller Kunst. Und die Täufer zögen Spuren bis in die internationale Popkultur, was er mit einem Verweis auf den Sänger der „Sex Pistols“ John Lydon („Leiden“) illustrierte.

Jan Matthias Hoffrogge, Doktorand aus Münster, der eine Publikation zur Rezeption des Täufer-Themas vorbereitet, wusste interessante Beispiele beizusteuern: Von der folkloristischen Behandlung, etwa bei der Namensgebung einer Karnevalsgesellschaft, über die Wiederbelebung des aufrührerischen Gestus – durch die linke Alternativ-Zeitschrift „Knipperdolling“ – bis hin zum modernen Merchandising, wo sich offenbar eine Schweizer Firma alle möglichen Namenspatente zum Thema gesichert hat.

Schließlich Thomas Seifert, münsterscher Autor eines populärwissenschaftlichen Buchs, das auf den Forschungen des führenden Täufer-Experten Dr. Karl-Heinz Kirchhoff basiert: Er stellte die provokante Frage, ob man nicht sogar einen vierten Käfig hinzufügen müsse – für Bernhard Rothmann, den theologischen Kopf der Täufer, der den Schlächtern des Landesherrn seinerzeit entkam.

Einig war er sich mit Jakobi und Hoffrogge, dass es bei der Täuferherrschaft nicht um einen „exotischen Einfall fremder Wesen“ ging, sondern im Kern um einen originär münsterschen Konflikt zwischen Stadtbürgern und Landesherr. Ein Konflikt mit langer Tradition, in der auch der noch heute kahle Schlossplatz stehe, seinerzeit angelegt als freies Schussfeld vor der fürstlichen Zitadelle: Als Drohung gegen die Bürgerschaft eine „Fortsetzung der Käfige mit anderen Mitteln“.

Die anschließende Diskussion mit dem Publikum erbrachte Bedenkenswertes für jede der drei von Prof. Jakobi benannten Optionen. Die Meinung im Saal und auf dem Podium schien sich aber dann doch deutlich der dritten zuzuneigen: Zusätzliche Informationen müssen zur Verfügung stehen, räumlich nah und in einem für alle Zielgruppen attraktiven Format. Ein Auftrag an die Stadt?

„Täufer-Käfige am Lambertiturm Münster, Pressemitteilung“ weiterlesen

Leistung, Luther, Gnade, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

Zu:

LEISTUNGsfrust?
LUTHER_sucht…
Gnade!

sola scriptura 2017, Lyrik und Prosa im Schreibwettbewerb zum Reformationsjubiläum, Herausgeber: Ev. Kirchenkreis, Wittenberg, erschienen im Selbstverlag, Wittenberg 2017, Softcover, 227 Seiten, Druckerei: Gutenberg Leipzig, zertifiziertes Papier, Preis: 12,00 Euro zzgl. Versandkosten, (Schutzgebühr) bei: Ev. Kirchenkreis Wittenberg, Superintendent, Jüdenstr. 35 – 37, 06886 Wittenberg

Das Buch zum Schreibwettbewerb ist trotz seines Erscheinens im Selbstverlag von ausgezeichneter Qualität. Obwohl Softcover, ist es mit einer Fadenbindung versehen. Ich konnte zum jetzigen Zeitpunkt keine Antwort auf meine Nachfrage erhalten, wie stark das Buch im Rahmen der Reformationsveranstaltungen nachgefragt und verkauft worden ist. Ich habe im April auch nur per Zufall davon erfahren, durch eine hier vertretene Autorin.

Die Beiträge zum Schreibwettbewerb sind zum größten Teil von Schulklassen bzw. Schülerinnen und Schülern eingereicht worden, aber auch von schriftstellerisch aktiven Einzelpersonen. Da deren Beiträge nicht freigegeben sind, war ich froh von der Malerin und Autorin Marlies Blauth die Zusage erhalten zu haben, einen ihrer Beiträge hier als Beispiel veröffentlichen zu können. (Hinweis: auf der Homepage des Ev. Kirchenkreises Wittenberg gibt es noch weitere Texte). „Leistung, Luther, Gnade, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017“ weiterlesen

Predigt über Markus 1, 32 – 39, Christoph Fleischer, Welver 2017

Am 19. Sonntag nach Trinitatis 2017.

Die Predigt wird gehalten am Vorabend, den 21.10.2017, in Lohne und am Sonntagmorgen, den 22.10.2017, in Bad Sassendorf, sowie am 20. Sonntag nach Trinitatis, 29.10.2017 in Meiningsen.

Markus 1, 32 – 39 (Lutherbibel)

32 Am Abend aber, da die Sonne untergegangen war,

brachten sie zu ihm alle Kranken und Besessenen.

33 Und die ganze Stadt war versammelt vor der Tür.

34 Und er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten,

und trieb viele Dämonen aus

und ließ die Dämonen nicht reden; denn sie kannten ihn.

35 Und am Morgen, noch vor Tage, stand er auf und ging hinaus.

Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.

36 Und Simon und die bei ihm waren, eilten ihm nach.

37 Und da sie ihn fanden, sprachen sie zu ihm:

Jedermann sucht dich.

38 Und er sprach zu ihnen:

Lasst uns anderswohin gehen, in die nächsten Orte,

dass ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen.

39 Und er kam und predigte in ihren Synagogen

in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus.

Foto: Niklas Fleischer (c), Markt in Elburg, NL

Liebe Gemeinde,

Wie in einem Film, so möchte man meinen, werden in den Evangelien die einzelnen Erzählungen aneinandergereiht. Aus den einzelnen Episoden ergibt sich das Bild, das wir dadurch von Jesus von Nazareth bekommen können. Dabei gibt es Geschichten, die eher eine einzelne Person in den Mittelpunkt rücken, wie bei einer Heilung oder Austreibung von bösen Geistern oder es gibt Textabschnitte, die eher den Erzählfaden im Ganzen im Blick haben. „Predigt über Markus 1, 32 – 39, Christoph Fleischer, Welver 2017“ weiterlesen