Coming-Out eines vatikanischen Priesters, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

Zu:

Krzysztof Charamsa: Der erste Stein, Als homosexueller Priester gegen die Heuchelei der katholischen Kirche, aus dem Italienischen übertragen von Michael Jacobs, gebunden, 316 Seiten, ISBN 978-3-570-10327-2, Preis: 19,99 Euro

Das Buch ist auf etwa 290 Seiten eine Coming-Out Geschichte, wie es sie vermutlich schon mehrere Male gibt. Für mich als heterosexuellen Mann ist es interessant, zu verfolgen und nachzuspüren wie sich die eigentliche Bestimmung der sexuellen Orientierung aus dem Unbewussten heraus entfaltet. Dies ist dadurch sehr spannnend, weil der Leser und die Leserin ja weiß, dass es in diesem Fall zu einem sofortigen Ende der beruflichen Tätigkeit als Priester im Vatikan führen wird. „Coming-Out eines vatikanischen Priesters, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017“ weiterlesen

Coming-Out eines Priesters, zum Hintergrund, Christoph Fleischer, Welver 2017

Zusammenfassung eines Interviews in: Philosophie Magazin Nr. 06/2017, Rubrik Horizonte: Portrait Krzysztof Charamsa, Durch die Gnade der Liebe.

Das Philosphie-Magazin dokumentiert ein Interview, das zuerst in französischer Sprache erschienen ist, gehalten von Alexandre Lacroix, aus dem Französischen von Till Bardoux.

Der Artikel berichtet zuerst von der „Liebe auf den ersten Blick“, die Krzysztof Charamsa erfahren hat, er bezeichnet diese Erfahrung als „Offenbarung der Liebe“ (S. 24).

Im Jahr 2005 noch unter Kardinal Ratzinger ist Charamsa Mitarbeiter der „Kongregation für die Glaubenslehre“ im Vatikan geworden. Die „Verteidigung der absoluten Wahrheit“ habe ihm am Herzen gelegen (S. 24). Von dieser Zeit sagt er: „Mir war meine Homosexualität nicht bewusst, oder eher: Als etwas, das ich verabscheute, hatte ich sie in den Tiefen meines Unterbewusstseins vergraben.“ (S. 25). Er gibt sogar zu, dass die Kongregation (vor 2003!?) daran beteiligt war, sich an „Verfolgung Homosexueller“ zu beteiligen (S. 25). Er meint, die Kongregation sei eine Art Geheimdienst, der die Aufgabe hatte, die weltweite Kirche und die Diplomatie des Vatikans im Sinn der Glaubenslehre zu beeinflussen.

Aus heutiger Sicht stellt er fest, dass die Einstellung Jesu im Unterschied dazu von absoluter Offenheit auch gegenüber Homosexualität geprägt sei: „Bei Lukas begegnet Jesus einem Zenturio, der ihn anfleht, einem kranken Sklaven zu retten, den er sehr liebt. Christus erhört ihn.“ (S. 25). Paulus hingegen sei mit dem Bruch der Toleranz in Verbindung zu bringen. Festgestellt wird auch, dass sich der Kampf der Kirche gegen die Homosexualität seit 2005 sogar verschärft habe unter Benedikt XVI. Der Widerspruch der kirchlichen Lehre liegt auch darin laut Charamsa, von Transvestie o.ä. die Rede war, von homophilem Umgang ganz zu schweigen.

Hier kommt das Interview allerdings auch auf eine etwas abstruse These Charamsas zu sprechen, der meint, viele Priester und Ordensleute seien schwul, auch ohne sich geoutet zu haben.

Für Charamsa war der 3. Oktober 2015 der Tag, an dem er in einer Pressekonferenz, an dem er in einer Pressekonferenz sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt und seinen Freund vorgestellt hat. Gegenüber der Vermutung, er habe dies in quasi priesterlicher Art liturgisch inszeniert meint Charamsa: „Ich betrachte das Coming Out als ein Sakrament. […] Nach einem Sakrament bist du nicht mehr derselbe. Du hast dich für immer verändert. Also habe ich die Kräfte meines Geistes und meines Körpers vereint, […] schon war ich frei.“ (S. 27).

Das Buch zu diesem Coming Out ist 2016 auf Italienisch und 2017 auf Deutsch erschienen (siehe Rezension). – und was macht Krzysztof Charamsa heute? Leider fehlt darauf im Artikel eine Antwort.  Auf seiner Homepage gibt es weitere Informationen: http://www.kcharamsa.com/home

Hier findet sich auf folgender Link zu einem Artikel in englischer Sprache:

articlescompilationforbandsexuality.pdf

Radikal neues Jesusbild? Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Zu: Martin Dreyer: Der vergessene Jesus, Auf keinen Fall von gestern und auf jeden Fall für heute, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016, 254 Seiten, ISBN: 978-3-579-08530-2, Preis: 19,99 Euro

Der vergessene Jesus von Martin Dreyer

Zugegeben, wenn ich das „Credo“ Martin Dreyers am Ende des Buches zuerst gelesen hätte, dann hätte ich diese Rezension nicht geschrieben. Der Autor ist mit seiner persönlichen Geschichte als (Mit-) Begründer der Jesus-Freaks und als Autor der „Volxbibel“ in Jugendsprache ein evangelistisch tätiger Christ. Ehrlich gesagt stehe ich eigentlich nicht mehr so auf fundamentalistischen Bekehrungspredigten nach dem Motto: „Du musst Dein Leben Jesus anvertrauen.“ Aber Martin Dreyer würde ich doch schon mal gern hören. Die Vorstellung einer körperlichen Auferstehung hingegen, die er im „Credo“ schildert, ist einfach so unbiblisch und schlicht irre. Nach dem Zeugnis der Bibel war Jesus nach seiner Auferstehung nicht mehr derselbe wie vorher. Er ist nicht schlicht und einfach in sein altes Leben zurückgekehrt, sondern er ist als Toter, als Gekreuzigter seinen Freundinnen und Freunden erschienen. Er konnte durch Mauern gehen und sich in Luft auflösen, was vorher ja wohl kaum möglich gewesen wäre. „Radikal neues Jesusbild? Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016“ weiterlesen

Jesus, komm vom Kreuz herab! Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Zu: Detlev F. Neufert: Jesus, Das Interview, Neues vom Auferstandenen, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016, ISBN 978-3-579-07088-9

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Der Dokumentarfilmer Detlev Neufert (geb. 1948) hat ein Buch von Gesprächen mit Jesus geschrieben. Doch wie ist ihm Jesus persönlich begegnet? Das bleibt sein Geheimnis. –

Das Buch macht also schon erst einmal neugierig. Die kurze Einleitung „über unser Treffen“ und „über Jesus“ (S. 7) machen die Antwort auf diese Frage nicht leichter. Nur eben: Das Jesusbild soll sich weniger am Gekreuzigten als am Auferstandenen orientieren, so in etwa, wie es die Katakomben in Rom zeigen „als einen klugen, mutigen und schönen Jüngling“ (S. 7).

Diese kurze Einleitung erklärt zwar die Begegnung mit Jesus, aber doch nicht den persönlichen Hintergrund und evtl. auch den Anlass, dieses Buch zu schreiben. So hängt das Interview m. E. von den ersten Gesprächen an etwas in der Luft.

Zum Vergleich: Es gibt in den USA einen Bestsellerautor der Esoterik, der eine moderne Mystik in Gestalt der „Gespräche mit Gott“ bietet, von dem es inzwischen drei Bände und mehrere andere Titel gibt. Für diesen Autor Neal Donald Walsch war es eine persönliche Krise und deren Überwindung, die ihn bewogen hat, seine (inneren) Gespräche mit Gott zu notieren. Gott tritt dort als realer Gesprächspartner auf, wie hier bei Detlev Neufert Jesus.

Was ist also das Motiv dieses Autors von seinen Gesprächen mit Jesus zu berichten? „Jesus, komm vom Kreuz herab! Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016“ weiterlesen

Sexualität leben, denken und fühlen, Rezension von Markus Chmielorz und Christoph Fleischer, Dortmund und Werl 2014

Zu: Ilka Quindeau: Sexualität, Analyse der Psyche und Psychotherapie Band 8, Psychosozialverlag Gießen 2014, ISBN 978-3-8379-2155-7, Preis: 16,90 Euro (http://www.psychosozial-verlag.de/catalog/product_info.php/products_id/2155)

20140127-175437.jpgDieses kleine psychologische Fachbuch über Sexualität mag auf wissenschaftliche Laien zunächst abschreckend wirken. Anstelle unterschiedliche Phänomene und Lebensweisen sexueller Erfahrung zu beschreiben, konzentriert sich Ilka Quindeau, Professorin für klinische Psychologie an der FH in Frankfurt und Lehranalytikerin, vor allem auf Sigmund Freud und die Psychoanalyse. Diese Fokussierung zeigt gewiss, dass der offene Umgang mit dem einst tabuisierten Thema durch Autoren wie Freud grundsätzlich gefördert wurde. Sexualität ist andererseits für Freud kein eigenständiges Thema, sondern wird zur psychoanalytischen Leitfrage. Was nun für den gesellschaftlichen Prozess eine Ausweitung des Diskurses ist, ist für die Frage nach Sexualität selbst eine Einengung, die aber von der Autorin bewusst in Kauf genommen wird.

„Sexualität leben, denken und fühlen, Rezension von Markus Chmielorz und Christoph Fleischer, Dortmund und Werl 2014“ weiterlesen