Ausstellung in Hamburg: Raffael (1483-1520), Hinweis 1, Christoph Fleischer, Welver 2021

Julius II. in der Werkstatt Raffaels / ‚Le pape Jules II venant voir les cartons des fresques destinées à la ‚Stanza della Segnatura‘ (Vatican) – 1508′, 1910

Hiermit möchte ich auf eine andere interessante Ausstellung hinweisen, die nur noch bis zum 3. Oktober in der Hamburger Kunsthalle gezeigt wird: „Raffael, Wirkungen eines Genies“. In der Zeitschrift „Magazin , Freunde der Kunsthalle“ (Frühjahr 2021) wird auf einer Doppelseite ein Bild des bekannten Gemäldes Raffaels gezeigt „Schule von Athen“. Doch das ist kein Foto, sondern die Abbildung einer Gouache von Louis Jacoby (1828 – 1918), der das Wandgemälde des Vatikans auf 64,5 bis 91,5 cm malerisch kopiert hat. Eine Fotografie könnte kaum genauer sein als dieses Bild. Dieses Bild ist jedoch lediglich die Vorlage für einen Kupferstich, der dann allerdings wohl in schwarz-weiß veröffentlicht worden ist.

Kupferstich 1882

Wer ein bisschen im Internet stöbert, findet eine Fotografie des Originals aus dem Vatikan auf zeno.org, das hier ergänzt werden kann, da es gemeinfrei ist:

 

http://www.zeno.org/Kunstwerke/B/Raffael%3A+Stanza+della+Segnatura%3A+Die+Schule+von+Athen

Ein kleiner Einblick in das Leben Raffaels ist das Reclam-Büchlein: Georgio Vasari: Das Leben des Raffael von Urbino.

Vasari, Giorgio: Das Leben des Raffael von Urbino, Hrsg.: Kanz, Roland, Reclam Verlag, Stuttgart 2020, 144 S. 22 Farbabb., ISBN: 978-3-15-019653-3, Preis: 7,00 Euro

Dieser Text stammt aus einer regelrechten Sammlung von Biografien, die Georgio Vasari im Jahr 1568 herausgegeben hat. Dieses Werk wurde im 19. Jahrhundert von Adeline Seebeck (1799 – 1874) anonym übersetzt und in sechs Bänden herausgegeben. Der Text des Reclam-Buches ist mit zahlreichen farbigen Abbildungen der Werke Raffaels illustriert, mit der Angabe des Aufbewahrungsortes der jeweiligen Werke. Über die berühmte sixtinische Madonna aus der Gemäldegalerie Dresden, auch hier abgebildet, verliert Vasari nur einen Satz, während er die Ausgestaltung der Stanza im Vatikan ausführlich kommentiert, nicht nur die oben gezeigte „Schule von Athen“ sondern derer genau gegenüber das ebenso monumentale Werk „Disput über das Sakrament“.

Interessant ist im Fortgang der Darstellung zu lesen, wie Raffael nicht nur immer bekannter und angesehener, sondern auch schlicht reicher wurde. Leider starb er mit nur 37 Jahren vermutlich an Syphilis, Vasari meinte jedenfalls, er hätte sich bei einer seiner zahlreichen Geliebten angesteckt. Ich würde mich mal fragen, ob Raffael Bildnisse seiner Geliebten auch in den zahlreichen Gemälden untergebracht hat, auch da, wo es sich eigentlich nur um Männer handeln kann, wie bei der „Schule von Athen“. Zur Hochzeit kam es jedenfalls nicht mehr, obwohl er inzwischen verlobt war. Seine Verlobte wurde, wie es bei Vasari heißt, reichlich abgefunden.

 

Die Reihen fest geschlossen, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2021

Zu:

Doris Reisinger, Christoph Röhl: Nur die Wahrheit rettet, Der Missbrauch in der katholischen Kirche und das System Ratzinger, Piper – Verlag, München 2021, gebunden, 348 Seiten, mit Personenregister, ISBN: 978-3-492-07069-0, Preis: 22,00 Euro

Als Überschrift zu dieser Rezension dachte ich zunächst an eine Formulierung wie „Gnade vor Gerechtigkeit“ bis mir die Formulierung einfiel, die eine extreme Position verdeutlicht. Um ein Unrechtssystem aufrechtzuerhalten, müssen die Reihen eben fest geschlossen sein.

Dass dies hier in der katholischen Kirche der Fall ist, verdeutlicht das vorliegende Buch der Missbrauch-Expertinnen Doris Reisinger und Christoph Röhl.

Rolle des Vatikans

Das Bemühen der Zentrale der katholischen Kirche in Sachen des sexuellen Missbrauchs bestand seitens des Vatikans (zunächst) vor allem aus Vertuschung und Verharmlosung. Papst Benedikt XVI. gab sich dann als Aufklärer (ab 2004/5) und leitete fast jeden Staatsbesuch mit einem Gespräch mit Opfern des sexuellen Missbrauchs ein. Doch das Grundprinzip blieb unangetastet: die Kirche versucht, sich unabhängig von staatlicher Macht und staatlichem Recht zu geben.

Konkret: Auch wenn staatliche Gerichte einige Täter rechtskräftig verurteilten, blieben sie meist Priester der katholischen Kirche. Disziplinierungsmaßnahmen blieben halbherzig. Nicht selten kam es vor, dass ein pädophiler Priester zwar versetzt wurde, aber in seiner „Freizeit“ in der „Jugendarbeit“ arbeitete.

Das Buch von Doris Reisinger und Christoph Röhl geht der Geschichte des sexuellen Missbrauchs in der Katholischen Kirche mindestens in den letzten 60 Jahren auf den Grund.

Dabei geht die Darstellung immer wieder auf die Rolle des Kardinals Ratzinger ein, später Papst Benedikt XVI.

Noch zur Zeit des Papstes Johannes Paul II. war Joseph Ratzinger Leiter des das päpstlichen Zensuramtes war, zuständig für Lehrverurteilungen und Disziplinarmaßnahmen. Die „Legionäre Christi“ standen unter dem Einfluss des pädophilen Klerikers Maciel (Mexico). Die Aufarbeitung seiner Verbrechen wurden immer wieder verzögert. Er präsentierte noch zu seinem achtzigsten Geburtstag der staunenden Öffentlichkeit nicht nur seine inoffizielle Ehefrau, sondern auch seine Tochter.

Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs scheiterte in Rom

Ratzinger, wie er im Buch meist genannt wird, kämpfte als Glaubenswächter gegen jede politische Theologie und entzog manchen Priestern die Lehrbefugnis, während Pädophile lange weiterarbeiten konnten und Eingaben bei der Vatikanischen Behörde kaum Gehör fanden, bzw. einfach im Aktenkeller verschwanden.

Gerade im ersten Teil sind Beispiele des Missbrauchs aufgeführt, bis hin zum Prostituieren von Ordensfrauen und deren Ansteckung mit AIDS durch katholische Priester. Wenn sie schwanger wurden, mussten sie im Namen der Kirche abtreiben, während die Kirche in der Öffentlichkeit gleichzeitig Abtreibung als Mord bezeichnete.

Es ist ein wirklich lesenswertes Buch, das aber meines Erachtens später zu sehr auf die Person Ratzingers fokussiert. Sind hier vielleicht sogar zwei Bücher zusammengearbeitet worden, eines über den sexuellen Missbrauch und eines über das gescheiterte Pontifikat Joseph Ratzingers? Trotzdem ist es ein lesenswertes Buch, ein Kirchenkrimi und ein Schwarzbuch in einem.

 

Coming-Out eines vatikanischen Priesters, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

Zu:

Krzysztof Charamsa: Der erste Stein, Als homosexueller Priester gegen die Heuchelei der katholischen Kirche, aus dem Italienischen übertragen von Michael Jacobs, gebunden, 316 Seiten, ISBN 978-3-570-10327-2, Preis: 19,99 Euro

Das Buch ist auf etwa 290 Seiten eine Coming-Out Geschichte, wie es sie vermutlich schon mehrere Male gibt. Für mich als heterosexuellen Mann ist es interessant, zu verfolgen und nachzuspüren wie sich die eigentliche Bestimmung der sexuellen Orientierung aus dem Unbewussten heraus entfaltet. Dies ist dadurch sehr spannnend, weil der Leser und die Leserin ja weiß, dass es in diesem Fall zu einem sofortigen Ende der beruflichen Tätigkeit als Priester im Vatikan führen wird. „Coming-Out eines vatikanischen Priesters, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017“ weiterlesen

Coming-Out eines Priesters, zum Hintergrund, Christoph Fleischer, Welver 2017

Zusammenfassung eines Interviews in: Philosophie Magazin Nr. 06/2017, Rubrik Horizonte: Portrait Krzysztof Charamsa, Durch die Gnade der Liebe.

Das Philosphie-Magazin dokumentiert ein Interview, das zuerst in französischer Sprache erschienen ist, gehalten von Alexandre Lacroix, aus dem Französischen von Till Bardoux.

Der Artikel berichtet zuerst von der „Liebe auf den ersten Blick“, die Krzysztof Charamsa erfahren hat, er bezeichnet diese Erfahrung als „Offenbarung der Liebe“ (S. 24).

Im Jahr 2005 noch unter Kardinal Ratzinger ist Charamsa Mitarbeiter der „Kongregation für die Glaubenslehre“ im Vatikan geworden. Die „Verteidigung der absoluten Wahrheit“ habe ihm am Herzen gelegen (S. 24). Von dieser Zeit sagt er: „Mir war meine Homosexualität nicht bewusst, oder eher: Als etwas, das ich verabscheute, hatte ich sie in den Tiefen meines Unterbewusstseins vergraben.“ (S. 25). Er gibt sogar zu, dass die Kongregation (vor 2003!?) daran beteiligt war, sich an „Verfolgung Homosexueller“ zu beteiligen (S. 25). Er meint, die Kongregation sei eine Art Geheimdienst, der die Aufgabe hatte, die weltweite Kirche und die Diplomatie des Vatikans im Sinn der Glaubenslehre zu beeinflussen.

Aus heutiger Sicht stellt er fest, dass die Einstellung Jesu im Unterschied dazu von absoluter Offenheit auch gegenüber Homosexualität geprägt sei: „Bei Lukas begegnet Jesus einem Zenturio, der ihn anfleht, einem kranken Sklaven zu retten, den er sehr liebt. Christus erhört ihn.“ (S. 25). Paulus hingegen sei mit dem Bruch der Toleranz in Verbindung zu bringen. Festgestellt wird auch, dass sich der Kampf der Kirche gegen die Homosexualität seit 2005 sogar verschärft habe unter Benedikt XVI. Der Widerspruch der kirchlichen Lehre liegt auch darin laut Charamsa, von Transvestie o.ä. die Rede war, von homophilem Umgang ganz zu schweigen.

Hier kommt das Interview allerdings auch auf eine etwas abstruse These Charamsas zu sprechen, der meint, viele Priester und Ordensleute seien schwul, auch ohne sich geoutet zu haben.

Für Charamsa war der 3. Oktober 2015 der Tag, an dem er in einer Pressekonferenz, an dem er in einer Pressekonferenz sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt und seinen Freund vorgestellt hat. Gegenüber der Vermutung, er habe dies in quasi priesterlicher Art liturgisch inszeniert meint Charamsa: „Ich betrachte das Coming Out als ein Sakrament. […] Nach einem Sakrament bist du nicht mehr derselbe. Du hast dich für immer verändert. Also habe ich die Kräfte meines Geistes und meines Körpers vereint, […] schon war ich frei.“ (S. 27).

Das Buch zu diesem Coming Out ist 2016 auf Italienisch und 2017 auf Deutsch erschienen (siehe Rezension). – und was macht Krzysztof Charamsa heute? Leider fehlt darauf im Artikel eine Antwort.  Auf seiner Homepage gibt es weitere Informationen: http://www.kcharamsa.com/home

Hier findet sich auf folgender Link zu einem Artikel in englischer Sprache:

articlescompilationforbandsexuality.pdf

Stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende trifft Papst Franziskus und predigt in evangelischer Kirche – Pressemeldung Ev. Kirche von Westfalen

Präses Kurschus eröffnet Etappe des Stationenweges in Rom

Pressemeldungen vom 17. und 18.01.2017

Präses Annette Kurschus reiste als stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom 17. bis 19. Januar nach Rom, um eine Etappe des Europäischen Stationenweges zum Reformationsjubiläum in einem feierlichen Gottesdienst eröffnen.

Vatican 18 January 2017: Pope Francis meets bishop Annette Kurschus, (Foto: Siciliani/Osservatore Romano)

Seit November 2016 erinnert der Europäische Stationenweg an Orte der Reformation. Dazu zählt auch Rom, wo Martin Luther 1510/1511 gewesen ist. In Rom gibt es heute auch eine aktive zweisprachige evangelisch-lutherische Gemeinde. In deren Kirche, der Christuskirche, predigte Annette Kurschus am Mitwoch (18.1.) gemeinsam mit Kardinal Kurt Koch, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.
Eine Audienz bei Papst Franzsikus und ein Besuch bei der deutschen katholischen Gemeinde standen am Mittwoch ebenfalls auf dem Programm.

Am Dienstag (17.1.) besuchte Präses Kurschus die deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan. Kurschus, leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW), trifft sich außerdem mit Vertretern der Waldenserkirche, einer kleinen, sehr aktiven evangelischen Minderheit, die mit Westfalen partnerschaftlich verbunden ist.

Der Europäische Stationenweg führte im November durch Minden und kommt im Mai 2017 in Mitteldeutschland an. Städte in den Niederlanden und in Ungarn, in Slowenien und Irland werden ebenso angefahren wie Rom, Augsburg, Worms und die Wartburg. In Wittenberg mündet der Weg in die Weltausstellung Reformation.

Fotot: EKvW

Papst Franziskus hat am 18.01. Präses Annette Kurschus zur römischen Etappe des Europäischen Stationenweges zum 500-jährigen Reformationsjubiläum begrüßt. »Eure Station in Rom ist ein bedeutsames ökumenisches Zeichen, das die Gemeinschaft unter uns, die durch den Dialogprozess in den vergangenen Jahrzehnten erreicht worden ist, zum Ausdruck bringt«, sagte der Papst.

»Im Geist des gemeinsamen Reformationsgedächtnisses schauen wir mehr auf das, was uns verbindet, als auf das, was uns trennt. So lasst uns unseren Weg gemeinsam fortsetzen, um unsere Gemeinschaft zu vertiefen und ihr eine immer sichtbarere Form zu geben.«