Zu: Philosophie Magazin 2/2020, Philosophie Magazin Verlag, Berlin, Preis: 7,90 Euro
Bei Platon taucht in den Dialogen, die er von Sokrates berichtet, hin und wieder das Wort daimonion auf, was mit „Gottheit“ übersetzt werden muss, zugleich aber als innere Stimme angesehen wird. In einem Kurzartikel des hier behandelten Heftes des Philosophie Magazins („Maschinengeflüster“, S. 9) wird eine Art Headset vorgestellt, das vorgeblich in der Lage ist, die Gedanken unserer inneren Stimme zu lesen und auch dieser Stimme zu antworten.
Obwohl das Instrument dabei eher an die Quelle der Sprache denkt, finde ich bezeichnend, dass der Autor die innere Stimme mit Gott identifiziert. Ich denke, dass es eine interessante Vorgabe wäre, die biblischen Texte einmal von dieser Vorgabe her zu interpretieren. Besonders wäre dabei an den beispielhaften Dialog Moses’ mit Gott zu denken, der sehr oft in den fünf Büchern Mose angesprochen wird.
Ein Artikel, der mehr auf eine gesellschaftliche Realität eingeht, ist ein Text über den steigenden Drogenkonsum in den USA von Jack Fereday, einem Redakteur des französischen Philosophiemagazins (S. 16 – 23).
Todesfälle durch Medikamente, eine auffällig hohe Selbstmordrate, aber auch Opiate als Einstiegsdroge zur Flucht aus der Realität – diesen Themen liegen Fragen zugrunde, die sich dieser Situation stellen.
Schon Emile Durkheim stellte in seinem Buch „Der Selbstmord“ (1897) als eine Hauptursache dafür die „schwache Verbundenheit“ heraus. Charles Taylor beobachtet die Auslöschung des Dialogs mit anderen.
Ein Ort, in dem der Autor recherchierte ist Huntington, Hauptstadt der Drogenabhängigkeit in den USA. Was hilft, ist, „etwas zu finden, was größer ist als man selbst“, eine Formel, die auch an die 12 Schritte der AA erinnert.
In diesem Zusammenhang wird die prekäre soziale Situation auch mit industrieller Umstrukturierung in Verbindung gebracht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass eine Kirche ohne Gemeinde dasteht, dann aber als „Café für Einsame“ neu eröffnet wird.
Ein kurzer Artikel weist auf die Verbindung zwischen Religion und Kapitalismus hin. (Lea Wintterlin, S. 33). Die Rede ist von einem sündhaft teuren Turnschuh, genannt „jesus shoe“, in dessen Sohle sich „geweihtes Wasser aus dem Jordan“ befindet. Man läuft also quasi auf dem Wasser. Nach Giorgio Agamben gibt es vergleichbare Strukturen zwischen Religion und Kapitalismus.
Ein wichtiger und recht umfangreicher Teil ist das Dossier, auf dem auch das Cover hinweist: „Warum ist es so schwer sich zu ändern?“ (S. 46 – 65). In der Einleitung von Svenja Flaßpöhler wird in einem Nebengedanken auf das Konzept der Postmoderne namens „Performativität“ hingewiesen. Identität ist demnach einer Theateraufführung vergleichbar; von einem existentiellen Kern ist nicht mehr die Rede.
So ist der Wunsch sich zu ändern in diesem Lebenskonzept immer angelegt. Peter Sloterdijk, der den Leitgedanken dafür geliefert hat, zeigt hierbei die Nähe zur Religion auf, die nicht nur im Christentum das Konzept der Askese verfolgt.
Noch einmal am Ende des Heftes in der Rubrik der Buchbesprechungen finde ich eine Erinnerung an eine östliche Religion, den Daoismus. Eines der Grundbücher dieser chinesischen Religion ist das Buch „Zhuangzi“, als Neuübersetzung erschienen, hier vorgestellt von Gerd Scobel. Das Stichwort des Buches „Gelassenheit“ hat in der Philosophie eine Rolle gespielt. Hier ist auch kurz von Martin Heidegger u. a. als Leser dieses Buches die Rede (damals hatte es noch den Titel: „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland“).
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Hier ist das Promo-Video der Redaktion, spannend, weil man auch die Gesichter sieht, die hinter der Ausgabe stehen: https://youtu.be/WjcOGgk-NN8